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Amarone della Valpolicella: Roter Blockbuster aus Norditalien

Neben dem toskanischen Brunello und dem Barolo aus dem Piemont gehört der venezianische Amarone della Valpolicella zu den drei großen Rotweinen Italiens. Wir stellen Ihnen diesen ganz besonderen Wein mal genauer vor.

Es ist dieser besonders vollmundige, üppig fruchtige, leicht süßliche und doch trockene Geschmack, der den Amarone della Valpolicella zum Shootingstar der italienischen Rotweine gemacht hat. Ein Gaumengigant, hoch im Alkoholgehalt und mit enormen Lagerpotenzial von zehn, zwanzig oder mehr Jahren. Weil eben auch reich an Tanninen. Diese Tannine sind es übrigens, die für eine leichte Bitternote im Abgang sorgen. Und genau der verdankt der Amarone seinen Namen. Denn "amaro" bedeutet übersetzt "bitter". Der Zusatz "della Valpolicella" indes zeugt von der Herkunft des Weins, die im Valpolicella-Gebiet in der norditalienischen Region Venetien verortet ist.

Auf den ersten Blick ist das erstmal verwirrend. Schließlich gibt es ja nun auch einen Wein namens Valpolicella! Und dann ist der, wie der Amarone, auch noch ein Rotwein. Willkommen im Dschungel der italienischen Herkunftsbezeichnungen! Mit Valpolicella kann tatsächlich beides gemeint sein - der Wein mit diesem Namen sowie die geographische Verortung. Diese erkennt man an dem Zusatz "della". Also "aus" Valpolicella. Die Krux dabei: bis in die 1960er-Jahre hinein war diese Herkunftsbezeichnung nicht geschützt. Der Amarone wurde aber immer beliebter.

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Das hatte zur Folge, dass auch Winzer einen Amarone della Valpolicella bereiteten, die gar nicht aus der Gegend kamen! Um dem einen Riegel vorzuschieben, bekam der Wein 1968 seine eigene offizielle DOC (Denominazione di Origine Controllata). Diese wurde 2010 sogar zur DOCG (Denominazione di Origine Controllata e Garantita) hochgestuft. Damit schützte man dann nicht nur die Herkunft des Amarone della Valpolicella. Sondern gab auch verbindliche Regeln für die Herstellung vor. Und die schauen wir uns jetzt mal genauer an.

Blick auf die Weingärten im Valpolicella-Gebiet
Ein Amarone muss zwingend aus dem Valpolicella-Gebiet stammen.

Amarone della Valpolicella und seine Rebsorten

Da hätten wir zunächst einmal die geographische Einordnung. Denn die Trauben für einen Amarone della Valpolicella dürfen ausschließlich aus 19 festgelegten Gemeinden in Venetien kommen. Zu denen gehören unter anderem San Pietro in Cariano oder Lavagno - ebenso wie der Großraum von Verona. Trauben ist übrigens ein gutes Stichwort. Denn die Rebsorten unterliegen strengen Vorgaben. So muss ein Amarone mindestens 45 Prozent der roten Corvina enthalten - von ihr dürfen aber nur maximal 95 Prozent drin sein.

Im Gegensatz zum Brunello di Montalcino oder Barolo, die zu 100 Prozent aus Sangiovese beziehungsweise Nebbiolo bestehen und mit denen der Amarone della Valpolicella das heilige Dreigestirn der renommiertesten italienischen Rotweine bildet, ist letzterer also nie reinsortig. Schließlich ist ja auch noch ein Minimum von fünf Prozent der roten Rondinella vorgegeben. Ihr Anteil darf auf bis zu 30 Prozent gesteigert werden. Auch die rote Corvione darf mit in den Blend - und zwar mit bis zu 50 Prozent. Es sind zwar auch noch weitere dunkle Rebsorten wie Molinara, Dindarella, Rossignola oder Oseleta zugelassen. Aber sie dürfen nur in kleinen Mengen die Cuvée komplettieren und werden dementsprechend häufig nicht mal mit angegeben.

Blaue Weintrauben, die am Rebstock hängen in einer Detailaufnahme
Corvina ist der Rebsorten-Star in den Amarone-Weinen.

Ausbau eines Amarone della Valpolicella

Auch für den Ausbau gibt es Vorgaben. Denn der Wein muss mindestens zwei Jahre im Holzfass reifen. Wobei die meisten Winzer die Zeit auf vier oder gar fünf Jahre verlängern, weil der Wein so runder wird. Ab vier Jahren Reifezeit hat der Weinmacher dann auch das Recht, seinen Amarone zusätzlich Riserva zu nennen.

In den 1990er-Jahren bauten die meisten Weingüter ihren Amarone übrigens in französischen Barriques aus. Dadurch erhielt der Wein noch mehr Kraft und Rückgrat. Inzwischen möchte man die feineren Nuancen betonen und nutzt deswegen lieber große Holzfässer, die gerne auch gebraucht sein dürfen. Wobei es schwierig ist, bei der vollmundigen Aromenbreite eines Amarone von feinen Nuancen zu sprechen.

getrocknete Weintrauben vor schwarzem Hintergrund

Appassimento: Die Amarone-Seele

Denn dass der Amarone derart extraktreich und voluminös ist, hat einen guten Grund. Und der heißt Appassimento. Bei diesem besonderen Verfahren werden die früh gelesenen und gesunden Trauben nämlich auf Gestellen oder Matten mindestens 100 Tage lang getrocknet, um die Aromen sowie die Süße zu konzentrieren. Erst wenn sie bis zu 50 Prozent ihres Volumens verloren haben, geht es an die gängige Weinbereitung. Wobei Appassimento jetzt nicht nur exklusiv beim Amarone della Valpolicella zum Einsatz kommt. Halb rosinierte Trauben werden auch noch für viele andere Weinstile verwendet. Die ersten Weine dieser Art wurden bereits im zweiten Jahrhundert vor unserer Zeit vom punischen Schriftsteller Mago in Dokumenten erwähnt. Der Unterschied: sie waren alle süß. Ein Amarone della Valpolicella ist aber immer trocken ausgebaut. Womit wir einen kurzen Abstecher in die Weinbereitung machen.

Blaue Trauben, die für einen Amarone della Valpolicella in Holzkisten trocknen
Für einen Amarone della Valpolicella müssen die Trauben mindestens 100 Tage trocknen.

Je süßer der Traubenmost ist, desto schneller steigt der Alkoholgehalt, wenn die Hefebakterien den Zucker in eben jenen Alkohol umwandeln. Und getrocknete Trauben bringen nun mal viel Zucker in den Most. Bei 15 Volumenprozent Alkohol sterben Hefebakterien ab. Die Gärung endet, obwohl noch Zucker vorhanden ist. Voilà: Süßwein, den man in der Valpolicella-Gegend übrigens auch Recioto nennt. Wenn die Hefezellen aber verenden, wie kann ein Amarone dann trocken sein?

Geburtsstunde des Amarone

Dafür müssen wir ins Jahr 1930 gehen. Damals soll nämlich ein Kellermeister ein Recioto-Fass versehentlich vergessen haben. Ohne Zutun setzte die Gärung noch einmal ein. Der Alkoholgehalt stieg weiter, der Wein ward trocken. Das soll die Geburtsstunde des Amarone della Valpolicalla gewesen sein.

Und weil sich die Winzer im Veneto nicht erklären konnten, warum der Wein erneut gärte, deklarierten sie den Vorgang kurzerhand zum "Miracolo dell'Amarone" - dem Wunder vom Amarone. Heute weiß man freilich, dass dafür bestimmte Hefestämme verantwortlich sind, die erst ab einem bestimmten Prozentsatz an Alkohol im Wein aktiv werden. Ihnen ist es zu verdanken, dass ein Amarone auch mal locker 17 oder 18 Volumenprozent haben kann.

Rotwein wird aus einer Flasche in ein Weinglas gegossen
Ein Amarone hat grundsätzlich einen hohen Alkoholgehalt.

Amarone della Valpolicella: Classico und Valpantena

Genau dieser besonderen und alkoholstarken Bereitungsart ist es zu verdanken, dass Jahrgang und Lage beim venezianischen Amarone della Valpolicella nicht so eine große Rolle spielen wie beim Barolo aus dem Piemont und dem toskanischen Brunello di Montalcino. Denn die intensive und vollmundige Fruchtigkeit mit ihren Anklängen von  dunklen Pflaumen, schwarzen Beeren und den Nuancen von Rosinen und Kirschkompott sind nicht der Lage oder Wettereinflüssen zu verdanken, sondern kommen durch das Appassimento-Verfahren zustande. Trotzdem arbeiten die Winzer der DOCG gerade daran, dass auch wie beim Barolo und Brunello für den Amarone Einzellagen speziell klassifiziert werden sollen.

Zwei Teilerfolge können die Winzer bereits verbuchen. Und die heißen Classico und Valpantena. Analog zu Chianti und Chianti Classico gibt es auch für den Amarone eine Classico-Version. Hierfür dürfen die Trauben ausschließlich aus den fünf Gemeinden Fumane, Marano di Valpolicella, Negrar, San Pietro in Cariano und Sant'Ambrogio di Valpolicella kommen. Die Trauben wachsen hier auf höheren Lagen, die zusätzlich auch noch terrassiert sind. Dadurch herrscht hier ein besonderes Mikroklima. Zudem ist etwas kühler, wodurch die Weinbeeren langsam ausreifen und eine noch intensivere Aromatik entwickeln.

Neben dem Amarone della Valpolicella Classico gibt es noch den Amarone della Valpolicella Valpantena. Das Valpantena-Tal ist eine kleine Subregion östlich des Classico-Gebiets. Hier ist es noch kühler. Ergo bildet sich hier eine noch größere Fruchtigkeit heraus. Das Besondere an der Subregion Valpantena: hier hat man die Einzellagen bereits klassifiziert. Stammen die Trauben für einen Amarone also ausschließlich aus einer dieser Lagen, dann darf deren Name mit auf dem Etikett abgedruckt werden.

Karte von dem italienischen Gebiet Amarone della Valpolicella
Amarone della Valpolicella: Kleiner geographischer Überblick. © Wine in Black

Amarone della Valpolicella: Ein Vergleich lohnt sich

Ob dieses Klassifizierungserfolges hoffen die Winzer der DOCG Amarone della Valpolicella sehr, dass auch weitere Einzellagen bald auf dem Etikett erscheinen dürfen. Denn es ist ihnen ein großes Anliegen, von dem Wuchtbrummen-Image wegzukommen und der Welt zu zeigen, dass ein Amarone nicht nur ein samtiger Gaumenschmeichler ist, sondern auch raffiniert von seiner Herkunft erzählen kann. Genauso eben wie die anderen großen italienischen Rotweine. Dass es tatsächlich immer mehr Unterschiede gibt, können Sie am besten selbst entdecken. Nämlich bei einer eigenen Weinprobe zuhause.

Haben Sie schon einmal einen Amarone neben einem Classico und einem Valpantena verkostet? Eine höchst spannende Angelegenheit! Falls Sie so ein Tasting mal in Angriff nehmen möchten, haben wir noch einen kleinen Profitipp für Sie. Achten Sie auf die Trinktemperatur. Dank des hohen Alkoholgehalts lohnt es sich, die Amarone della Valpolicella grundsätzlich etwas kühler zu genießen. 16 Grad Celsius sind ideal. Bei dieser Temperatur werden Sie lange viel Freude mit den Weinen haben.

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