Mit Weißburgunder ist es schon so eine Sache. Fast jeder Weinliebhaber hat sie regelmäßig im Glas - zu den Lieblingsrebsorten zählt sie allerdings nur bei den wenigsten. Und auch ansonsten hat es Weißburgunder nicht eben leicht. Immerhin steht sie in der Beliebtheitsskala oft im Schatten der opulenteren Grauburgunder. Von dem sie übrigens angeblich eine Mutation sein soll. Angeblich ist ein sehr treffendes Wort, wenn es um ihre Herkunft geht. Denn angeblich soll sie bereits vor gut zweitausend Jahren irgendwo zwischen dem Genfer See und dem Rhône-Tal aufgetaucht sein. Und ebenso angeblich haben sie dann im 8. Jahrhundert Zisterzienser-Mönche in den Rheingau gebracht, von wo sie sich in ganz Europa ausbreitete. Das mag alles vielleicht sogar stimmen. Man kann es nur leider nicht belegen. Und dafür gibt es vor allem einen Grund.
Denn Weißburgunder ist den anderen Pinot-Sorten optisch recht ähnlich. Vor allem wenn es um ihre Urmutter Pinot Noir sowie ihre (wahrscheinlich) nächste Verwandte namens Grauburgunder geht. Blätter- und Traubenform sind hier derart identisch, dass man Unterschiede erst erkennt, wenn die Beeren während der Reifephase ihre Farbe wechseln. Als wäre das nicht schon schwierig genug, gibt es aber noch eine andere - und vor allem viel größere - Ähnlichkeit. Nämlich zu einer weiteren Pinot-Mutation. Chardonnay. Tatsächlich sind sich Weißburgunder und Chardonnay im Anbau und in ihren Eigenschaften derart nah, dass sie bis ins 19. Jahrhundert hinein zu einer Rebsorte zusammengefasst und auch gemeinsam als eben eine solche angebaut wurden. Wahlweise hieß sie dann "Chardonnet Pinot Blanc" oder "Pinot Blanc Chardonnet". Erst der Ampelograph Victor Pulliat machte im Jahr 1868 klar, dass es tatsächlich zwei eigenständige Rebsorten sind, die sich durchaus in Details unterscheiden.
Pinot Blanc aus Frankreich
Bis sich dieses Wissen durchsetzte, sollte aber fast noch ein Jahrhundert vergehen. Erst in den 1950er-Jahren fingen die Winzer im Burgund an, zwischen Pinot Blanc, wie Weißburgunder in Frankreich heißt, und Chardonnay zu unterscheiden. Dank gezielter Anpflanzungen fanden sie heraus, dass Chardonnay auf den kalkhaltigen Böden besser gedieh als Weißburgunder. Und dass sie früher reift und nicht ganz so anfällig für Edelfäule ist, die man im Burgund nicht so recht schätzte. Das Ergebnis: Chardonnay vertrieb Pinot Blanc fast gänzlich aus der Region. Zum Glück fand die Rebsorte aber im Elsass eine neue Heimat. Hier sind die Bedingungen für sie bis heute ideal.
Weißburgunder mag nämlich schwere Böden, viel Sonne und noch mehr Wärme. Genau die Unterstützung, die sie braucht. Denn die Rebsorte tut sich etwas schwer damit, hohe Zuckerwerte auszubilden. Je wärmer es ist, desto leichter fällt ihr das. Im Elsass entstehen so Weine mit einem mittleren Körper, einer frischen aber trotzdem moderaten Weinsäure, die durch nussige Aromen und Fruchtanklänge von gelbem Steinobst glänzen. Auch wird Pinot Blanc gerne für die Produktion von Crémant d’Alsace verwendet. Vor allem in Verbindung mit ihrer Schwester-Traube Auxerrois. Diese ist allerdings etwas fülliger. Um dieses Fünkchen Mehr an Substanz auch bei den reinsortigen Stillweinen zu erhalten, baut man im Elsass Pinot Blanc gerne in großen Eichenfudern aus und lässt den Wein etwas länger auf der Hefe. Das sorgt für mehr Tiefe und einen schönen Schmelz.
Kräftige Weißburgunder aus Österreich
Ganz aus ihrer französischen Heimat wurde Weißburgunder also nicht vertrieben. Einen kleinen Prozentsatz findet man sogar noch in der Champagne, wobei die Rebsorte bei der Champagner-Bereitung tatsächlich aber so gut wie keine Rolle mehr spielt. Insgesamt sind in Frankreich noch gut 1.200 Hektar mit Pinot Blanc bestockt. Von allen vier Ländern, in denen es nennenswerte Mengen von der Rebsorte gibt, bedeutet das aber: letzter Platz! Direkt nach Frankreich kommt schon Österreich mit 2.000 Hektar Rebfläche. Tatsächlich macht Weißburgunder, dort auch Klevner genannt, 4,2 Prozent der österreichischen Weinproduktion aus. Am häufigsten ist die Traube im Burgenland anzutreffen. Vor allem rund um den Neusiedlersee. Hier sorgen im Herbst morgendliche Nebel dafür, dass die Beeren von Botrytis befallen werden. Dieser Pilz löst die sogenannte Edelfäule aus, die eine ideale Voraussetzung für die Bereitung von Süßweinen ist. Österreichische Winzer verschneiden dafür Weißburgunder auch gerne mit der autochthonen Sorte Welschriesling.
Reinsortig ausgebaut überzeugen burgenländische Weine aus Weißburgunder mit einer erstaunlichen Fülle, Kraft und Tiefe. Junge Gewächse sind oft recht floral in der Nase, bekommen nach ein paar Jahren Reife und Lagerung aber in der Regel Noten von gerösteten Haselnüssen und Brotrinde. Die hochwertigen Weine werden auch gerne im Holz ausgebaut, was ihnen noch mehr Grip verleiht. Inzwischen ist Weißburgunder auch in der Südsteiermark stark im Kommen. Hier verschneidet man die Rebsorte gerne mit Chardonnay.
Ciao Bella: Pinot Bianco aus Italien
Auf Platz zwei der Top-4-Länder in Sachen Weißburgunder-Anbau landet Italien. Hier sind gut 3.000 Hektar mit der weißen Rebsorte, die man dort Pinot Bianco nennt, bestockt. In Italien begann man übrigens erst 1978 damit, Chardonnay und Pinot Bianco in den Weingärten auseinander zu friemeln. Deswegen ist es bis heute schwierig zu sagen, welchen Stellenwert die Traube in dem Land genau hat. Es gibt einfach noch keine genauen Tendenzen, ob die Rebflächen wachsen oder schrumpfen.
Fest steht aber, dass die besten Pinot Bianco des Landes aus Südtirol sowie aus Friaul-Julisch Venetien kommen. Die Weine werden traditionell im Edelstahltank ausgebaut, um die fruchtige Frische zu bewahren. Die Gewächse sind dementsprechend schlank, haben eine milde Weinsäure und glänzen mit floralen Noten. Eine weitere wichtige Region für Pinot Bianco ist Umbrien. Denn hier ist die Traube ein wichtiger Bestandteil in den Franciacorta-Schaumweinen. Bis zu 50 Prozent Weißburgunder finden ihren Weg in die Italo-Schäumer, die mithilfe der traditionellen Flaschengärung entstehen.
Weißburgunder: Eine deutsche Erfolgsgeschichte
Kommen wir nun aber endlich zum weltweiten Weißburgunder-Platzhirschen. Und das ist tatsächlich Deutschland. Hierzulande ist die Rebsorte mächtig auf dem Vormarsch - die Zahlen beweisen es. Kamen die deutschen Winzer im Jahr 2001 gerade mal auf knapp 3.000 Hektar, sind es im Jahr 2021 sage und schreibe 5.800 Hektar. Die Rebfläche hat sich innerhalb von nur zwei Dekaden also beinahe verdoppelt! Man kann also ganz eindeutig sagen, dass Weißburgunder in Deutschland im Trend liegt. Aus gutem Grund übrigens. Denn überall dort, wo es für Riesling inzwischen zu warm ist, wird vermehrt der Weiße Burgunder, wie man die Traube hier alternativ nennt, bevorzugt angebaut. Schließlich mag die Rebsorte ja Sonne und Wärme. Ideale Bedingungen findet sie deswegen vor allem in Baden (1.600 Hektar), aber auch Rheinhessen (1.500 Hektar) und der Pfalz (1.350 Hektar) sind ganz vorne mit dabei.
In Baden hat Weißburgunder vor allem im Süden, nämlich im Kraichgau und an der Badischen Bergstraße, eine große Bedeutung. Hier schlossen sich im Jahr 2015 vierzehn Winzer (unter ihnen zum Beispiel das Weingut Josef Milz) zur "Weiße Burgunder Charta" zusammen, um die Weinqualität der Rebsorte auf das nächste Level zu hieven. So verpflichten sich seitdem alle Charta-Mitglieder zum Beispiel zu einer ausschließlichen Handlese. Außerdem werden die Weine ohne Wenn und Aber trocken ausgebaut. Ob der Wein im Edelstahltank oder im Eichenfass vor der Abfüllung reift, ist indes eine individuelle Stilistikfrage. Um die Größe der Rebsorte zu beweisen, nutzen aber viele Winzer einen klugen Holzeinsatz, sodass die Weine etwas mehr Fülle bekommen. Der cremige Schmelz, der so entsteht, passt dann auch herrlich zu den gelben Steinobstnoten und den nussigen Aromen.
Tausendsassa Weißburgunder
Wobei Weißburgunder in Deutschland nicht immer reinsortig daherkommen muss. Auch hierzulande ist die Rebsorte ein sehr beliebter Verschnittpartner mit anderen Pinot-Trauben wie etwa Grauburgunder oder Chardonnay. Auch in deutschen Winzersekten findet man sie immer häufiger wieder. Gerade Sekthäuser wissen die feine Weinsäure und den schlanken Körper von Weißburgunder sehr zu schätzen.
Selbige Wertschätzung bringen übrigens auch Sommeliers Weinen aus Weißburgunder entgegen. Denn die Rebsorte ist dank ihrer Vielseitigkeit und ihrem dezenten aber trotzdem präsenten Auftreten ein idealer Speisenbegleiter. Vom sommerlichen Salat über Fisch, Meeresfrüchte und Geflügel bis hin zum Spargel, Kürbis, einem schlotzigen Risotto, Raclette oder einem Pasta-Gericht - Weißburgunder passt eigentlich immer. Allein dafür lohnt es sich, immer eine Flasche Weißburgunder im Haus zu haben. Oder noch besser: machen Sie doch mal eine vergleichende Weinprobe. Ein Pinot Blanc aus dem Elsass hat eine ganz andere Stilistik als ein Pinot Bianco aus Südtirol oder ein Weißer Burgunder aus Baden. Diese Unterschiede genussvoll zu entdecken, ist wahnsinnig spannend.
25 Antworten auf „Weißburgunder: Heimlicher Rebsorten-Star“
[…] der Magna-Charta-Linie füllt Josef Milz eine limitierte Edition Großer Gewächse ab. Riesling und Weißburgunder aus der Trittenheimer Apotheke werden hierfür zum Teil im Barrique ausgebaut. Die cremige Textur […]
[…] Müller-Thurgau feine Aromen von Fisch wie gedünsteter Lachs oder Saibling gut. Auch ein Pfälzer Weißburgunder mit nicht zu kräftigem Körper ist mit seinen dezenten Apfel- und Nussaromen eine gute […]
[…] der Rebflächen sind mit weißen Trauben bestockt. Neben den edlen Vier sind auch noch Pinot Blanc (Weißburgunder) und Silvaner wichtig. Letzterer wird hier gerne auch mit Ypsilon geschrieben. Sylvaner. Auf der […]
[…] Weinsäure und ohne Holzfassnoten nehmen. So bleiben die zarten Aromen erhalten. Dazu passt ein junger Weißburgunder aus der Pfalz, ein Grauburgunder aus Baden genauso wie seine Pendants Pinot Gris (Frankreich) oder […]
[…] von einem Wein nicht überdeckt werden. Deswegen empfehlen wir milde Weißweine, wie etwa einen deutschen Weißburgunder. Sind die Käse mittelalt, darf es schon etwas fruchtiger im Glas zugehen. Aber bitte nicht mit […]
[…] der Rebfläche aus. Die restlichen 0,3 Prozent sind allerdings mit den weißen Sorten Pinot Blanc (Weißburgunder), Pinot Gris (Grauburgunder), Arbanne und Petit Meslier bestockt. Insgesamt sind also sieben […]
[…] Weißweinsorten gewidmet, die laut Champagner-Statuten auch verwendet werden dürfen: Pinot Blanc (Weißburgunder), Pinot Gris (Grauburgunder), Arbanne und Petit Meslier. Kommen wir aber wieder zurück zu den […]
[…] passt. Und bei asiatischen Gerichten ist das in der Regel erst einmal ein Weißwein. Nun hätte ein zarter Weißburgunder es schwer, wenn man ihn gegen ein intensives Curry antreten lassen würde. Ein im Holz ausgebauter […]
[…] nussigen Aromen besonders elegant in den Vordergrund treten. Und dazu passt ein ebenso eleganter Weißburgunder. Wenn dieser dann auch noch im Stahltank und nicht im Eichenfass ausgebaut wurde, ist das ideal, […]
[…] Franken: Riesling, Silvaner, Spät- und Weißburgunder […]
[…] leichte Weiße einschenken, damit der Fleischgeschmack nicht überdeckt wird. Etwa einen deutschen Weißburgunder oder Rivaner. Kommen das Fleisch mit kräftiger Marinade, können Sie die Aromen etwas raufdrehen: […]
[…] mitbringen, um die Säure zu mildern. Zu einem Kopfsalat mit Vinaigrette passt ein Elsässer Weißburgunder, dessen Cremigkeit genau das tut. Oder ein leichter Grauburgunder aus Baden, der Pfalz oder […]
[…] Rebsorten gelten, etwa Pinot Meunier (Schwarzriesling), Pinot Gris (Grauburgunder) und Pinot Blanc (Weißburgunder). Im Namen deutlich erkennbar, sind sie verwandt. Sie gehören zur sogenannten Pinot- oder […]
[…] Prozent der Rebfläche weit vorn im weißen Rebsorte-Ranking sind: Grauburgunder auf Platz zwei und Weißburgunder auf Platz […]
[…] seiner Artgenossen. Ist die Füllung nicht ganz so deftig und die Sauce hell, bietet sich ein Weißburgunder als Weinbegleitung an. Dessen filigrane Aromen gehen so nicht unter. Bei herzhafteren Varianten ist […]
[…] spielt auch hier das Thema Weinsäure eine wichtige Rolle: sie muss zur Genüge vorhanden sein. Ein milder Weißburgunder etwa geht bei einem fettigen Gänsebraten zum Beispiel rettungslos unter. Und auch ein schlanker […]
[…] der weißen Seite kommen Müller-Thurgau (hier auch Rivaner genannt), die alte Sorte Elbling und Weißburgunder hinzu. Lediglich neun Prozent sind mit roten Sorten bestockt. Bei denen dominieren Spätburgunder […]
[…] Rosé aus der Provence dazu verkosten. Sind feinere Fische wie Zander Ihre Wahl, dann kann ein Weißburgunder mit seinen filigranen Nuancen durchaus passen, wenn der Käse nicht allzu kraftvoll und üppig ist. […]
[…] quer durch Deutschland im Glas gehen: Mit einem Silvaner aus Franken oder Rheinhessen, oder einem Weißburgunder aus Baden oder der […]
[…] verwandt sind. Und in der Tat: Grauburgunder ist eine Mutation der Pinot Noir. Wie übrigens auch Weißburgunder oder Chardonnay. Im Unterschied zu den beiden eindeutig weißen Rebsorten, könnte man reife […]
[…] die Wachau eine Weißweinregion. Denn neben den beiden Majestäten findet man vor allem Neuburger, Weißburgunder und Gelben Muskateller. Sie spielen aber allesamt eine Statistenrolle. Die große Bühne gehört […]
[…] kommen die Rebsorten Pinot Noir, Pinot Blanc (Weißburgunder) und Pinot Gris (Grauburgunder) sowie weitere weiße Trauben wie Riesling und Auxerrois zum Einsatz […]
[…] Alternativ können Sie sich statt Silvaner und Rivaner auch zwei andere Weine einschenken. Einen milden Weißburgunder oder einen leichten Grauburgunder, beides aus der Pfalz oder Baden. Auch viele italienischen […]
[…] die ein kühleres Klima benötigen, wie Pinot Nero (Pinot Noir), Chardonnay sowie Pinot Bianco (Weißburgunder) ergeben wunderbare Schäumer. Deutlich wird, dass jeder Schaumwein seine regionalen Besonderheit […]
[…] mögen – auch feingliedrigere Weißweine sind eine tolle Kombination. Wir denken da zum Beispiel an Weißburgunder, dessen filigrane gelbe Steinobstnoten zu Speck wie zu Zwiebeln gleichermaßen passen. Dominiert […]