Es gibt zwei Dinge, an die man denkt, wenn das Wort Provence fällt. Lavendel und Rosé-Weine. Na ja, und dann natürlich auch noch die Côte d'Azur und damit einhergehend Nizza und Cannes. Aber es sind die pastellfarbenen Lila- und Rosa-Töne, die einem zuerst in den Sinn kommen. Verwunderlich ist das nicht. Denn keine andere Region der Welt erzeugt derart viele Lavendel-Produkte. Und Rosé-Weine. Letztere sind quasi ein flüssig gewordenes Versprechen von Sommer, Leichtigkeit und dem legendären französischen Savoir Vivre. Dabei wäre es eine vinophile Sünde, die Provence einzig und allein auf ihre Rosé-Kreationen zu reduzieren.
Schließlich kommen aus der Weinregion an der französischen Riviera auch hoch gelobte Rot- und Weißweine. Diese sind allerdings teilweise nur mit der Lupe zu finden. Während sage und schreibe 87 Prozent der Gesamtproduktion auf Rosé entfällt, sind es lediglich 9 Prozent Rot- und sogar nur 4 Prozent Weißweine. Letzteres hat übrigens einen ganz banalen Grund. In der Provence ist es warm. Im Sommer kann es in dem mediterranen Mittelmeerklima locker über 30 Grad Celsius heiß werden. Für viele weiße Rebsorten sind solch hohe Temperaturen nur bedingt gut, da sie schnell ihre Weinsäure und damit ihre Frische verlieren. Da können auch der kühlende Mistral, der westlich von der Rhône kommt, oder aber die Brisen vom Mittelmeer nicht viel Linderung verschaffen.
Von Trauben, Klimata und Böden
Rote Rebsorten wie Mourvèdre, Cinsault, Cabernet Sauvignon, Carignan, Syrah und natürlich Grenache fühlen sich in diesem warmen und trockenen Klima allerdings pudelwohl. Sie wachsen nicht nur an der etwa 200 Kilometer langen Mittelmeerküste, sondern auch an den Füßen unterschiedlicher Gebirgszüge, die die Provence Richtung Hinterland im Norden begrenzen. Auf einer Fläche von knapp 31.000 Hektar gedeihen die Reben quasi überall und freuen sich über satte 3.000 Stunden Sonne im Jahr. Nur zum Vergleich: die Pfalz ist mit etwa 2.000 jährlichen Stunden eine der sonnenreichsten Regionen in Deutschland.
Zwar mögen die Mikroklimata sogar innerhalb einer Appellation sehr unterschiedlich sein. Aber was die einzelnen Bereiche eint, sind die sehr kalkhaltigen Böden. Genau die sind dann dafür verantwortlich, dass Weine aus der Provence meist durch zauberhaft mineralische Noten glänzen. Das ist dann aber auch schon die einzige Gemeinsamkeit der Weine. Tatsächlich ist die Stilistik in den einzelnen Appellationen riesengroß. Womit wir dann auch schon beim Eingemachten wären. Denn neben drei Großappellationen, aus denen 90 Prozent aller Provence-Rosés kommen, gibt es noch sechs Gemeinde-Appellationen. Wir schauen uns die wichtigsten und geschichtsträchtigsten Bereiche einmal genauer an.
Der Platzhirsch: Côtes-de-Provence
Mit 20.500 Hektar unter Reben ist die Côtes-de-Provence die größte Provence-Appellation. Und ohne Frage die wichtigste. Denn hier entstehen sage und schreibe 8 Prozent aller Rosé-Weine. Der Welt. Die Appellation, die im Jahr 1977 ihren AOC-Status (Appellation d'Origine Contrôlée) als geschützte Herkunft bekam, ist weit über die Provence verstreut. Die Kernzone befindet sich zwischen Toulon und Saint-Tropez an der Côte d’Azur. Aber einzelne Appellations-Fleckchen lassen sich auch östlich von Marseille oder sogar nördlich von Nizza finden. Bei einer derart weiten Flächenverteilung ist es nur folgerichtig, dass die Weine höchst unterschiedlich sind. Es gibt kein einheitliches Geschmacksprofil. Allerdings sind die meisten Winzer bestrebt, fruchtig-leichte Rosé-Weine aus den roten Rebsorten Grenache, Cinsault oder Carignan zu bereiten, die schon allein durch ihre blassrosa Farbe das südfranzösische Lebensgefühl vermitteln sollen. Vor allem, wenn man sie gut gekühlt serviert.
Die Weine sind duftig und leicht und für einen jungen Genuss bestimmt. Noch in den 1990er-Jahren regierte hier ausschließlich die Massenproduktion. Seitdem hat sich aber viel getan. Immer mehr Winzer setzen auf hochwertige Qualitäten. Außerdem gibt es unter den Weinen echte Stars, die dabei geholfen haben, das Image der Côtes-de-Provence wieder gehörig aufzupolieren. Bestes Beispiel ist da der 'Miraval', den das ehemalige Hollywood-Traumpaar Angelina Jolie und Brad Pitt mit der legendären Rône-Winzerfamilie Perrin aus Châteauneuf-du-Pape vinifiziert. Und auch die Kreszenzen von Château d'Esclans haben inzwischen einen echten Kult-Status.
Intensiv-florale Weine: Coteaux d’Aix-en-Provence
Nicht minder bekannt und beliebt wie die Côtes-de-Provence ist die Coteaux d’Aix-en-Provence, die sich auf 4.200 Hektar Rebfläche rund um das namensgebende Städtchen Aix-en-Provence schmiegt. Auch hier sind Rosé-Weine mit 70 Prozent der Produktionsmenge Trumpf. Diese bestehen größtenteils aus Grenache und Cinsault. Die besten Rotweine werden allerdings aus den beiden Rebsorten Syrah und Cabernet Sauvignon vinifiziert. Ein Umstand, der der INAO, der französischen Hauptregulierungsbehörde für Weinbau, übrigens ein Dorn im Auge ist. Denn die versucht seit ein paar Jahren, den Pflanz-Anteil von Cabernet Sauvignon zu verringern und den Anbau von Grenache als typische Provence-Rebsorte so erhöhen.
Den Weinbauern ist das zum Teil herzlich egal. Die Coteaux d’Aix-en-Provence hat inzwischen mit ihren intensiv-floralen Weinen einen derart guten Ruf in der Welt, dass die Winzer ihre Erzeugnisse auch ohne Probleme ohne AOC-Status und nur als schlichten Landwein, einem sogenannten Vin de Pays, auf den Markt bringen können. Diesem Luxus haben sie nicht zuletzt Weingütern wie der Maison Saint Aix zu verdanken. Hier wird mit dem namensdominierenden 'AIX' tatsächlich nur ein einziger Wein überhaupt produziert. Dafür ist dieser Rosé dann aber auch rund um den Globus höchst bekannt.
Kühle Gegend: Coteaux Varois-en-Provence
Etwas im Schatten seiner beiden geschwisterlichen Großappellationen liegt die Coteaux Varois-en-Provence. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Die 2.500 Hektar Rebfläche befinden sich genau zwischen Côtes-de-Provence und Coteaux d’Aix-en-Provence - und liegen tatsächlich im Schatten des Massif de la Ste-Baume. Dank dieses Höhenzuges ist es hier deutlich kühler. Einige Rebsorten wie die dickschalige Mourvèdre reifen hier deswegen teilweise erst im November aus. Also zu einem Zeitpunkt, zu dem die Trauben im Rest der Provence schon längst im Keller sind. Etwas früher sind hingegen die Sorten Grenache und Cinsault dran, aus denen ein Gros der Weine besteht. Mit 90 Prozent der Gesamtproduktion dreht sich auch in der Coteaux Varois-en-Provence alles um die Trendfarbe Rosé. Coteaux Varois-en-Provence hat übrigens erst im Jahr 1993 den AOC-Status erhalten und gehört damit zu den jüngeren Appellationen der Provence. Ein Zeichen dafür, wie dynamisch die Entwicklung der Region ist.
Klein aber fein: Weitere Provence-Appellationen
Neben den drei Großappellationen gibt es insgesamt sechs kleinere Gemeinde-Bereiche, die das Gesicht der Provence prägen. Sie alle detailliert zu beschreiben, würde etwas zu weit führen. Trotzdem sollen einige davon nicht unerwähnt bleiben, denn ihr Ruf beziehungsweise ihre Geschichten eilen ihnen voraus.
Bandol: Wo Mourvèdre ganz groß geschrieben wird
Obwohl in der 1.700 Hektar großen Appellation Bandol mit 60 Prozent die Rosé-Produktion dominiert, sind es die 35 Prozent Rotweine, die für Furore sorgen. Sie sind üppig und würzig, feurig und körperreich und glänzen mit einer satten Aromatik von reifen Brombeeren und Lakritze. Außerdem haben sie viel Tannin. Dieses ist im frühen Reifestadium aber schon derart geschmeidig, dass die Weine jung genossen werden können und nicht lange lagern müssen. Zu verdanken ist dieser große Trinkspaß vor allem einer Rebsorte: der roten Mourvèdre. Auf den sonnenverbrannten Terrassen westlich von Toulon reift die Hitze liebende Traube perfekt aus und schenkt dem Weinliebhaber als Dank eine ebenso intensive wie bezaubernde Aromatik.
Cassis: Weißwein-Reich der Provence
Gerade einmal 200 Hektar Rebfläche umfasst die AOC Cassis, die rund um die gleichnamige Stadt zwischen Marseille und Toulon liegt. 1936 gegründet, ist sie die älteste Appellation der Provence. Nicht ohne Grund. Denn hier sollen bereits 600 Jahre vor Christi Geburt die Phönizier die ersten Reben in ganz Frankreich gepflanzt haben, als sie die Stadt Massilia - das heutige Marseille - gründeten. Und auch die alten Römer kultivierten hier 125 Jahre vor Christi Rebstöcke. Auf sie geht dann auch der Name Provence zurück. Schließlich war die Region eine Provinz (lateinisch provincia) des Heiligen Römischen Reiches.
Heutzutage ist Cassis aber nicht nur wegen der bewegten Vergangenheit einen genauen Blick wert, sondern auch wegen der Weine. Sie ist die einzige Appellation, in der Rosé nicht die Hauptrolle spielt. Sondern Weißwein. Und zwar mit 70 Prozent. Die Gewächse aus den weißen Sorten Ugni Blanc, Clairette oder Bourboulonc haben einen recht wilden und eigenwilligen Charakter. Hat man sie das erste Mal im Glas, befremden sie mit ihrer ungestümen Intensität ein wenig. Reicht man dazu aber eine Bouillabaisse, wähnt man sich vor Harmonie im Kulinarikhimmel!
Bellet: Exklusive Küsten-Weine
Auf den steilen Kiesterrassen oberhalb von Nizza findet man die nur 50 Hektar umfassende Appellation Bellet. Hier herrscht mit 40 Prozent Rotweinen und je 30 Prozent Rosé- und Weißweinen ein recht ausgeglichenes Farbverhältnis. An der gesamten Côte d'Azur ist man regelrecht in die Gewächse aus Bellet vernarrt. Nicht ohne Grund. Die kräftig-konzentrierten Rotweine sind ebenso gut wie die duftig-frischen Rosés und die lebendig-aromatischen Weißweine. Diese herausragenden Qualitäten haben nur einen großen Nachteil: man findet sie fast ausschließlich auf den Weinkarten der Gourmet-Restaurants in Nizza und Umgebung. Wer diese Weine einmal probieren möchte, kann das in der Regel also leider nur vor Ort tun. Kurios dabei ist, dass die Rebflächen trotz der enorm großen Nachfrage Jahr für Jahr kleiner werden. Denn Nizza dehnt sich immer mehr aus.
Wer sich jetzt sorgt: keine Bange. Tatsächlich ist Bellet die einzige Provence-Appellation, die schrumpft. Alle anderen halten ihre Größe kontinuierlich. Was sich allerdings ändert, sind nicht nur die immer höher werdenden Qualitätsansprüche der Winzer, sondern auch die Bewirtschaftungsmethode. Der biologische Anbau ist in der Region immer mehr auf dem Vormarsch. Dank des warmen und trockenen Klimas haben Pilzkrankheiten kaum eine Chance. Das erleichtert die Umstellung enorm.
Provence-Weine für (fast) alle Lebenslagen
Egal, ob in Bio-Qualität oder konventionell: es lohnt sich sehr, die Weine der Provence zu entdecken. Die unterschiedlichen Rosé-Stilistiken eignen sich nicht nur hervorragend, um sie eisgekühlt im Sommer auf der Terrasse oder dem Balkon zu genießen. Sie sind nämlich dank ihrer mineralischen Anklänge auch phantastische Speisenbegleiter. Zum einen passen sie zu fast allen Fischgerichten, zum anderen können sie sich ebenso neben einem aromatischen Lammfilet mit viel Knoblauch behaupten.
Und dann ist da natürlich noch die weitere Abendgestaltung. Vergleichen Sie doch mal bei einer kleinen privaten Weinprobe einen Rosé aus Côtes-de-Provence mit einem aus Coteaux d’Aix-en-Provence. Die feinen Unterschiede sind höchst spannend! Als Abschluss empfehlen wir immer gerne eine rote Cuvée aus Bandol, mit der sich die Provence von ihrer intensivsten Seite zeigt. Es muss ja nicht immer ausschließlich Rosé sein, n'est-ce pas?
14 Antworten auf „Provence: Südfrankreichs Rosé-Eldorado“
[…] jedoch auch Rosé an. Das beste Beispiel dafür ist ein Salade Niçoise. Ein südfranzösischer Provence-Rosé ist hier ideal, um die Aromenvielfalt – Oliven, salzig-ölige Sardellen, frische Gartentomaten […]
[…] Sie so. Die wird nämlich ebenfalls mit Tomaten zubereitet und der perfekte Partner heißt hier Provence-Rosé! Ähnliches gilt, wenn Sie Fisch mediterran-würzig mit Kräutern, Tomaten, Knoblauch und Olivenöl […]
[…] natürlich auch in andere französische Regionen aus. Ins südliche Languedoc-Roussillon und die Provence sowie – in kleinen Mengen – an die Loire im Zentrum Frankreichs. An das internationale Ansehen von […]
[…] Vor allem wegen der lebendigen Weinsäure ist Grenache ein gefragter Cuvée-Partner für Rosé-Weine. Neben Aromen von Erdbeeren steuert die Rebsorte vor allem Nuancen von Hibiskus hinzu. Grenache findet man vor allem in Rosé von der Rhône oder aus der südfranzösischen Provence. […]
[…] oder Spanien kennt, ist letztlich Geschmackssache. Wir mögen’s klassisch und bleiben in der Provence. Vergessen dabei jedoch nicht, dass auch die Welt der Schaumweine wunderbare Rosés zu bieten hat. […]
[…] Riesling, Sauvignon Blanc, Albariño, Weiß- und Grauburgunder oder ein mineralischer Rosé aus der Provence. Sie alle lassen sich in diesem Bereich ideal genießen. Hierbei gilt: je aromatischer die […]
[…] Rauch- lieber Fruchtaromen betonen, greifen Sie einfach zu Weißburgunder, einem Rosé aus der Provence oder einem leichten Roten wie […]
[…] für Frauen. Sie wurden mit fruchtig-leichter Frische gleichgesetzt. Für einen Rosé-Wein aus der Provence mag das auch grundsätzlich erst einmal stimmen. Auf einen Rosé-Champagner trifft das aber […]
[…] sich Ihr Raclette mit Lachs verfeinern. Wer möchte, der kann auch gerne mal einen Rosé aus der Provence dazu verkosten. Sind feinere Fische wie Zander Ihre Wahl, dann kann ein Weißburgunder mit seinen […]
[…] nichts falsch machen. Noch fruchtiger geht es im Glas zu, wenn Sie sich für einen Rosé aus der Provence entscheiden. Dessen zarte Mineralität harmoniert zudem sehr schön mit dem feinen Rindergeschmack. […]
[…] Dort trieben Griechen und Phöniziern Handel mit ihr. Und vom französischen Marseille in der Provence, verbreitete sie sich schließlich in der ganzen […]
[…] Universalgläser eignen sich vor allem für junge Weine. Vom Grünen Veltliner über den Provence-Rosé bis hin zum jugendlichen Malbec. Selbst Portweine, die ja sonst in Gläsern mit einem kleinen Kelch […]
[…] Kompromiss zwischen Rot- und Weißwein wäre zum Beispiel ein Rosé. Gerne aus der Provence. Denn diese Gewächse bringen in der Regel einen mineralischen Touch mit, der bestens mit der […]
[…] entlang des Mittelmeers. Von dort nahmen Winzer sie mit in die angrenzenden Weinregionen Provence und an die südliche Rhône, wo sie um 1800 auftauchte. Im französischen Süden stellte sich […]