Das australische Weingut Penfolds scheint ein Händchen für seine Chef-Önologen zu haben. Obwohl das renommierte Haus bereits seit 1844 besteht, ist der 1957 geborene Brite Peter Gago dort erst der vierte Chief Winemaker überhaupt. Und das, obwohl er zunächst als Hochschuldozent für Mathematik gearbeitet hatte. Wie das geht? Fasziniert vom Wein, beschloss Peter Gago, erneut zu studieren. Sein Önologie-Abschluss war dann auch sein Eintrittsticket in das Universum von Penfolds. Dort begann er 1989 und wurde 2002 schließlich zum Chief Winemaker befördert. Damit trat er zugleich ein gewaltiges Erbe an. Schließlich galt das Flaggschiff des Hauses, der Rotwein 'Grange', bereits damals international als Ikone des australischen Weins! Die Erwartungen an Peter Gago waren hoch.
Dass der versierte Weinmacher sich als wahrer Glücksgriff für das Haus erwies, zeigen nicht zuletzt die konstant hohen Bewertungen der Weine, die er verantwortet. Als wäre das nicht genug, wurde der kommunikative Winemaker bereits mehrfach als Winzer des Jahres ausgezeichnet. Unermüdlich reist der 64-Jährige um die Welt, gibt Masterclasses, Interviews und initiiert neue Projekte. Dazwischen hilft er natürlich bei der Lese und schafft es immer wieder, sein zehnköpfiges Team zu einzigartigen Gewächsen zu inspirieren. Unterhält man sich mit ihm, wird schnell klar, dass eines der Geheimnisse dafür in der Passion für seine Arbeit liegt.
Peter Gago, es gibt zehn Winemaker bei Penfolds – wie stimmen Sie sich mit Ihren Kollegen ab?
Peter Gago: Das Winzer-Team bei Penfolds ist genau das - ein interaktives Team mit individuellen Fähigkeiten und Beiträgen, die sich im Laufe der Zeit natürlich entwickeln. Jedes Mitglied hat eine wichtige Rolle - eine Rolle, die sich mit der eigenen Erfahrung und dem Wachstum des Weinguts erweitert und weiterentwickelt. In der Zusammenarbeit wird jede einzelne Rolle sensibel auf die gemeinsamen Aufgaben abgestimmt. Diese Rollen sind zudem täglich mit dem Weinbau und dem Marketing verbunden. Die sich daraus ergebende Dynamik ist auf eine gute und fortwährende Kommunikation und Zusammenarbeit aller angewiesen. Dazu ist ein regelmäßiger mündlicher und virtueller Austausch unerlässlich - parallel zu den vereinbarten Aufgaben, gemeinsamen Verkostungen und Meetings.
Sie sind seit 1989 als Winemaker bei Penfolds. Was sehen Sie persönlich als Penfolds größte Erfolge seitdem?
Peter Gago: Seit 1991 die weltweite Einführung von Penfolds Recorking Clinics. Eine Art Gesundheitscheck für Penfolds-Weine, die älter als 15 Jahre sind. Wenig später dann wurde im Jahr 1995 der 1990er 'Grange' vom Wine Spectator Magazine zum Rotwein des Jahres gekürt. Außerdem sehe ich eine Publikation als Erfolg: die fortlaufende Veröffentlichung von Penfolds "Rewards of Patience" - der unabhängig geschriebene Band über alles, was Penfolds betrifft - die bereits achte Ausgabe wurde gerade veröffentlicht. Und als neuestes Ereignis sehe ich da natürlich das Quartett der kalifornischen 2018er Weine von Penfolds, die im März 2021 auf den Markt kamen!
Sie sind auch verantwortlich für die berühmteste Marke im Hause Penfolds, den 'Grange'. Wie viel Freiheit haben Sie, hier eigene Akzente zu setzen?
Peter Gago: Die "stilistische Form" vom 'Grange' ist festgelegt - und wurde in den letzten siebzig Jahren ständig verbessert. Doch aufgrund des Klimas sind keine zwei Lesen gleich. Es gibt also einen gewissen Spielraum für die "Feinabstimmung" und Optimierung. Das Blending eines Hausstils ist nicht so restriktiv, wie man es sich vorstellen könnte. Verbesserungen im Weinberg, Tannin- und Extraktionsmanagement während des Quetschens, der Gärung, des Pressens, die Sorgfalt bei der Auswahl des Eichenholzes (und der späteren Reifung) ... all das führt eher zur Verfeinerung als zur Verfälschung. Unsere Klassifizierungsverkostungen nach der Lese bieten einen ersten Einstieg in die Bewertung der Qualität und des Stils. Und dann beginnt der Spaß!
Penfolds 'Grange' ist ein multi-regionaler Blend und ganz typisch für australische Weine und Weine der Neuen Welt. Auf der anderen Seite der Skala stehen Penfolds Weine, die aus einer einzigen Lage stammen, ein Konzept der Alten Welt. Was ist Ihr Favorit?
Peter Gago: Ich habe keinen wirklichen Favoriten - es hängt vom Jahr ab. In manchen Jahren brillieren Einzellagen. In anderen Jahren kann ein Blend erforderlich sein, damit die einzelnen Weine zusammenspielen und den jeweiligen Charakter der verschiedenen Weinbergslagen hervorheben ... da geht es um die "Summe der Teile". Ist es nicht ein unverschämtes Glück, so viel Auswahl und Flexibilität zu haben? Bei Penfolds sind wir stolz darauf, dass wir sowohl Weiß- und Rotweine aus Einzellagen, als auch aus einzelnen Weinbauregionen sowie verschiedenen Regionen machen. Und jetzt, in diesem relativ neuen Jahrtausend, werden Penfolds-Weine sogar aus verschiedenen Hemisphären, Kontinenten und Zeitzonen vinifiziert!
Wieviel Raum für Innovation gibt es überhaupt bei einem Weingut, das zu den ältesten Australiens zählt?
Peter Gago: Es gibt weiterhin enormen Spielraum für Innovationen - so wie es in den letzten 177 Jahren immer der Fall gewesen ist! Bei Penfolds steht nichts still. Wir sind verwöhnt durch eine solide traditionelle Basis und Marke, wunderbare und vielfältige Weinbau- und Kellerei-Bedingungen und einen gesunden Drang nach dem, "was als Nächstes kommt"!
Historisch wird das deutlich durch unsere seltenen und geschätzten 'Special Bins'. In jüngster Zeit durch die Penfolds 'Ampoule', 'g3' und 'g4' sowie den 2012er Thiénot x Penfolds Champagner. Im Jahr 2021 steht die Markteinführung der Penfolds 2018 "Superblends" an, der California Collection.
Trotzdem werden wir niemals die Qualität und den Stil von 'St. Henri' aus den Augen verlieren, der bis ins Jahr 1890 zurückgeht, ebensowenig wie den 'Grange' (erstmals 1951) und den 'Bin 389' (erstmals 1960) ... oder einen unserer gespriteten Weine, die es seit den 1840er-Jahren gibt!
Welche positive Entwicklung sehen Sie derzeit im australischen Weinbau und der Weinherstellung?
Peter Gago: Das Streben nach einem nachhaltigen Fußabdruck - im Weinberg, im Weingut, bei der Verpackung. Also der nächsten Generation eine bessere und aufgeklärtere Weinindustrie zu übergeben.
Welche Visionen haben Sie noch für Penfolds?
Peter Gago: Penfolds Philosophie und Weinbau-Aktivitäten in verschiedenen Ländern, Klimazonen, Böden, Kulturen weiterzuführen. Also Schätze in vielen faszinierenden Weinbergslagen aufzufinden, zu interpretieren und anzupassen. Durch die Penfolds-Linse zu blicken und so in unserem Portfolio Vielfalt, Auswahl und Nachhaltigkeit schaffen. Den Wein weiterhin an die erste Stelle setzen - in Hinblick auf Qualität und Zuverlässigkeit.
Wenn Sie auf einer einsamen Insel wären, welche drei Weine von Penfolds hätten Sie auf jeden Fall dabei?
Peter Gago: Von Penfolds den 1971er 'St Henri', den 2018 'Yattarna' und den 2010er 'Grange'. Von anderen Häusern den 1979er 'Krug', den 1988er 'Salon' und den 1970er 'Latour' ... aber nach den ersten drei Tagen werden sicherlich noch weitere Weine folgen?!
© Titelbild: Penfolds
3 Antworten auf „Peter Gago: "Bei Penfolds steht nichts still"“
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