Wie heißt es doch so schön: der Weg ist das Ziel. Das gilt auch für das in dem kleinen südaustralischen Winzer-Örtchen Marananga beheimatete Weingut Torbreck. Nur, dass man sich hier eben auf dem "Weg zur Perfektion" befindet, wie Inhaber Pete Kight nicht müde wird zu betonen. Was auf den ersten Blick erst einmal ein wenig vermessen klingt, ist allerdings die Triebfeder, die das Team ständig dazu anspornt, noch bessere Qualitäten auf die Flasche zu bringen, wie Pete Kight erklärt: "Wir erinnern uns täglich daran, dass die besten Barossa-Trauben erst noch geerntet und die besten Torbreck-Weine erst noch gemacht werden müssen!"
Aus diesem Satz klingt eine große Bescheidenheit. Ein Understatement, das man bei Torbreck Vintners so eigentlich gar nicht nötig hat. Denn schließlich legte das Weingut drei Jahre nach seiner Gründung 1994 einen steilen Start hin. Damals kam mit dem 'RunRig' 1995 - einem Shiraz mit einem Schuss der weißen Rebsorte Viognier - der erste Wein auf den Markt. Und dieser bekam aus dem Stand heraus 98 Punkte von Robert Parker’s Wine Advocate. Eine Sensation in der Weinwelt, die direkt ihre ganze Aufmerksamkeit diesem kleinen Newcomer aus dem Barossa Valley widmete. Schnell stellte sich heraus, dass die 1995er-Edition kein One-Hit-Wonder war: 'RunRig' kratzt bis heute konsequent Jahr für Jahr an der magischen Grenze zu 100 Punkten - und konnte sie 2010 und 2016 sogar knacken.
Torbreck: Vom Share-Farming zum Kult-Weingut
Noch interessanter als dieser wahre Punkteregen ist allerdings die Geschichte hinter dem Wein selbst. Und das gleich auf mehreren Ebenen. Denn "Run Rig" ist eine keltische Bezeichnung für das System der Landverteilung unter Highland-Clansmen. Die weit auseinander gelegenen Höfe der Kelten wurden gemeinschaftlich und solidarisch geführt. Dass ausgerechnet dieser Name von Torbreck (hier stand übrigens ein Wald in der Nähe der schottischen Stadt Inverness Pate) gewählt wurde, liegt nicht nur an den schottischen Wurzeln des Teams. Denn als man bei Torbreck anfing, war noch nicht genügend finanzielle Schlagkraft da, um direkt Weingärten zu kaufen. Deswegen besann man sich auf das damals bereits in Vergessenheit geratene Share-Farming-Prinzip: Man half ohne Lohn und Brot bei der Bewirtschaftung fremder Rebflächen, um nach der Lese einen Teil der Trauben für die eigene Vinifikation zu bekommen. "Run Rig" auf Australisch, sozusagen.
Es gibt aber noch eine weitere Besonderheit rund um den Wein 'RunRig'. Denn die Shiraz-Trauben stammen von einer uralten Rebanlage, die in den 1990er-Jahren eigentlich im Rahmen des staatlichen "Vine Pull"-Programms gerodet werden sollte. Damals war es große Mode, alte Rebstöcke zu entfernen, um Platz für frische Reben zu schaffen. Bei Torbreck allerdings erkannte man von Anfang an das Potenzial der Stöcke, die inzwischen bis zu 160 Jahre alt sind - und eine dementsprechend intensive Frucht spenden. Dass es heutzutage solche alten Reben überhaupt noch gibt, ist also Weingütern wie Torbreck Vintners zu verdanken.
Rhône im Barossa Valley
Wer sich jetzt übrigens wundert, dass der große Icon-Wein von Torbreck kein reinsortiger Shiraz ist: auch das hat einen guten Grund. Denn obwohl die Hitze, die im Barossa Valley herrscht, dem Klima der nördlichen Rhône so gar nicht ähnelt, hat man sich dem Stil der nördlichen Rhône verpflichtet. Und hier ist es bei den großen Weinen der noch größeren Appellationen wie etwa Côte Rôtie nach wie vor üblich, der roten Rebe Syrah mit einem Schuss der weißen Sorte Viognier einen Hauch Frische zu verleihen. Genau das praktiziert man auch bei Torbreck. So hat der 'RunRig' - je nach Jahrgang - zwischen sechs und acht Prozent Viognier mit dabei.
Allerdings ist der 'RunRig' kein Rhône-Plagiat. Das verhindern sowohl Klima als auch Terroir. Während diese dafür sorgen, dass der Wein sehr extraktreich und intensiv ist, bewerkstelligen der Schuss Viognier nach bester französischer Manier sowie der 30-monatige Ausbau in Eichenfässern eine ebenso feine wie finessenreiche Struktur. Am Gaumen treffen somit die Stile der Alten und der Neuen Welt aufeinander und sorgen für einen höchst eigenständigen Charakter. Und das wiederum zeigt ein weiteres Grundprinzip bei Torbreck auf, denn dem Team rund um den Chef-Önologen Ian Hongell ist es wichtig, nicht nur den einzelnen Wein, sondern immer auch das Große und das Ganze zu betrachten. Dementsprechend greifen die Weine quasi ineinander über.
'Descendant': Großer kleiner 'RunRig'-Bruder
Was sich zunächst eher abstrakt anhört, wird mit dem 'Descendant' deutlich. Auch hier verfeinert Viognier den Shiraz. Das Besondere aber: die Shiraz-Reben, die ihre Trauben für diesen Wein hergeben, sind Klone der uralten Shiraz-Stöcke des 'RunRig'. Und damit dem Namen "Descendant", zu Deutsch "Nachfolger", vollends Ehre gemacht wird, wird der Wein in den gebrauchten Eichenfässern des 'RunRig' ausgebaut. Dadurch kommt der Wein etwas zugänglicher daher, steht dem großen Bruder aber in nichts nach. Kein Wunder also, dass auch er fast jedes Jahr mit 96 bis 98 Parker-Punkten zu glänzen weiß.
Wobei es dem Team bei Torbreck wahrlich nicht auf die Bewertung der internationalen Bewertungselite ankommt. Ihr Ziel ist es, einzigartige Weine mit Charakter zu schaffen. Und das auf französischer Basis. Denn neben Shiraz, dem australischen Syrah-Pendant, und Viognier gedeihen auch weitere Rhône-Sorten wie Grenache auf der roten Rebenseite. Oder Roussanne, Marsanne und Sémillon bei den weißen Sorten. Insgesamt ist die Rebfläche inzwischen auf 250 Hektar gewachsen. Handarbeit ist hier aber nach wie vor Pflicht. Und zwar nicht nur bei Torbreck selbst, sondern auch bei den vielen unterschiedlichen Vertragswinzern. Mit denen lebt das Farm-Sharing-Prinzip auf diese Weise weiter.
Kontrastreiche Weine von Torbreck Vintners
Aber kommen wir noch einmal zu den weißen Rebsorten, die bei Torbreck gedeihen. Denn obwohl es vor allem die Rotweine sind, die weltweit für Furore sorgen, gibt es auch im weißen Weinbereich Interessantes zu entdecken. Viognier, Marsanne und Roussanne sind wichtig für Cuvées wie 'The Steading Blanc'. Sémillon hingegen ist mit dem 'Woodcutter’s' ein echter Solo-Star bei Torbreck. Und zwar ein richtig alter! Denn die Reben wurden bereits vor über 100 Jahren von den ersten Siedlern im Barossa Valley gepflanzt. Entsprechend gering ist der Ertrag - und intensiv der Geschmack. Auch hier vermählt man stilistisch die Rhône mit dem Barossa Valley: zitrische Frische trifft auf Aromen von Mandeln und Geißblatt. Dank der malolaktischen Gärung, also der Umwandlung von Apfel- in Milchsäure im Wein, kommt dann noch ein cremiges Mundgefühl hinzu. Die zarten Vanille-Noten wiederum stammen vom Holzausbau.
Egal, ob nun Weiß- oder Rotwein, Cuvée oder reinsortig. Was alle Weine von Torbreck eint, ist ihr Spannungsfeld von südaustralischer Extrakt-Opulenz und europäischem Facetten-Reichtum. Power trifft auf Eleganz, anpackende Aromen auf finessenreiche Frische und strotzende Kraft auf hintergründige Komplexität. Lauter Widersprüche, die sich im Glas ideal ergänzen. Wenn man die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte so beobachtet, kommt man nicht umhin zu glauben, dass Torbreck eines Tages vielleicht doch noch das Unmögliche gelingt. Nämlich die eingangs erwähnte angestrebte Perfektion tatsächlich zu erreichen. Wie auch immer die dann aussehen - und vor allem: schmecken - mag.
Copyright Titelbild: © Torbreck Vintners
1 Anwort auf „Torbreck Vintners: Elegant-intensive Rhône-Hommage aus dem Barossa Valley“
[…] nun so große Weinbetriebe wie Penfolds oder kleinere Güter wie Ben Glaetzer, Torbreck Vintners oder Two Hands Wines – die Weinszene im Barossa Valley ist sehr divers – und dementsprechend […]