Manchmal kommt eins zum anderen und die Dinge fügen sich zu etwas Außergewöhnlichem. So könnte man die Geschichte von Terrazas de los Andes zusammenfassen. Denn hier legte man die Grundsteine des Erfolgs bereits lange, lange Zeit vor der Gründung des argentinischen Weinguts im Jahr 1996. Nämlich zum einen 1898, als Sotera Arizu sich in Luján de Cuyo niederließ und dort einen Weinkeller baute. Arizu gehörte damals zu den großen Pionieren des kommerziellen Weinbaus in Argentinien. Ihm ist es unter anderem zu verdanken, dass sich die rote Rebsorte Malbec derart gut in dem Andenland durchsetzen konnte. Zum anderen entstand der zweite Erfolgspfeiler 1929 auf 1.070 Metern Höhe. Es war der Weingarten Las Compuertas, den man damals mit wurzelechten Malbec-Reben bestockte.
Was das jetzt beides mit Terrazas de los Andes zu tun hat? Nun, das Weingut befindet sich genau in den Räumlichkeiten, die damals Sotera Arizu in Luján de Cuyo bauen ließ. Und auch Las Computeras gehört zu dem Weingut und bildet tatsächlich den größten Schatz des Weinguts. Denn die Malbec-Reben wurden nie gerodet und haben mit gut 90 Jahren ein höchst beeindruckendes Alter erreicht. So klein der Ertrag dadurch auch ist, so herrlich intensiv ist die Aromatik der Trauben, aus denen Hervé Birnie-Scott mit dem Grand Malbec das Flaggschiff des Hauses vinifiziert. Womit wir dank Hervé Birnie-Scott jetzt ganz dicht dran sind an der Erfolgsgeschichte von Terrazas de los Andes.
Ein Franzose erkundet Mendoza
Als der französische Önologe 1991 im zarten Alter von 25 Jahren nach Argentinien kam, hatte er schon eine beachtliche Laufbahn hinter sich. Zu seinen Stationen gehörten unter anderem renommierte Weingüter im französischen Sancerre im Loire-Tal, im australischen Victoria sowie an der kalifornischen Nordküste. Als für den Rest der Weinwelt Argentinien noch ein blinder Fleck auf der Weinlandkarte war, machte sich Birnie-Scott auf nach Mendoza. Als Cool-Climate-Experte hatte er ein Auge auf die Höhenlagen am Fuße der Anden geworfen. Und auf das dazugehörige Terroir. In akribischer Kleinstarbeit analysierte er Boden um Boden, Höhenmeter um Höhenmeter, um herauszufinden, welche Rebsorte wo welche Charakteristik entwickeln könnte.
Diese Arbeit dauerte sage und schreibe vier Jahre an, bis der Franzose das Terroir Mendozas quasi in- und auswendig kannte. Was folgte, war eine glückliche Schicksalsfügung. Denn gerade, als Hervé Birnie-Scott seine Boden- und Höhenlagen-Forschung abgeschlossen hatte, traf er auf den Chef-Önologen des französischen Champagner-Hauses Moët & Chandon, das ebenfalls die unterschiedlichen Terroirs erkunden ließ. Und zwar seit den 1950er-Jahren. Birnie-Scott und Moët & Chandon waren also voll auf einer Wellenlänge. Was lag da näher, als zusammenzuarbeiten? So kam es 1996 zur Gründung von Terrazas de los Andes.
Terrazas de los Andes: Terroir ist alles!
Mit der wirtschaftlichen Kraft von Moët & Chandon im Rücken, hätte Hervé Birnie-Scott für Terrazas de los Andes direkt klotzen statt kleckern können. Aber wie heißt es doch so schön? Gut Ding will Weile haben! Birnie-Scott erwarb nicht wahllos Rebflächen, sondern hatte es vor allem auf Filetstücke in den unterschiedlichen Höhenlagen abgesehen. Hinzu kam, dass den Weinen alle Zeit der Welt gegeben werden sollte, damit sie ihren höchst eigenen Charakter entwickeln. So kam es, dass die ersten beiden Weine, nämlich die Malbec Reserva sowie der Grand Malbec, erst 1999 auf den Markt kamen - und damit drei Jahre nach Gründung des Weinguts.
Was folgte, war ein gewaltiger Kraftakt. Denn Hervé Birnie-Scott gab sich nur mit den besten Terroirs zufrieden. Doch davon wollte er viel. Innerhalb weniger Jahre wuchs die Rebfläche von Terrazas de los Andes auf 537 Hektar, die sich auf 220 Parzellen und 10 Weinbergen verteilen. Das sind so astronomische Zahlen, das einem schon schwindlig werden kann. Aber es geht noch beeindruckender.
Lagen und Höhen glänzen mit Vielfalt
Denn zwischen der nördlichsten und der südlichsten Parzelle liegen genau 925 Kilometer. Da muss muss man schon sehr genau planen, wann man wo ist. Vor allem weil es dann ja auch noch in die Höhe geht. Mindestens 800 Meter, um genau zu sein. Wobei die meisten Weingärten deutlich über 1.000 Meter hoch liegen. Nämlich 90 Prozent aller Parzellen. Und auch wenn in Mendoza dank Valle de Uco und Co. die Höhenlagen der Anden weltweit einen hervorragenden Ruf haben, sind sie nach wie vor eine Seltenheit und machen insgesamt nur 15 Prozent des argentinischen Weinbaus aus. Mit diesen Zahlen im Hinterkopf, sind die Weinberge von Terrazas de los Andes echte Juwelen.
Bei so viel Diversität in Sachen Lage und Höhe versteht es sich von selbst, dass auch das Klima in den einzelnen Parzellen variiert. Einige brutzeln regelrecht in der Sonne und sind einer Hitze ausgesetzt, wie man sie auch in Marokko findet. Andere wiederum profitieren von einem eher kühlem und feuchtem Klima, das mit dem in der französischen Champagne vergleichbar ist. Oder anders ausgedrückt: die Wein-Stilistiken, die so erzeugt werden können, sind schier unendlich. Hier kann Herbé Birnie-Scott zusammen mit seinem Team inzwischen aus den Vollen schöpfen. Wobei man als Weinliebhaber da sehr gut den Überblick behalten kann, denn die unterschiedlichen Weine sind in vier verschiedene Linien unterteilt.
Weine von Terrazas de los Andes - ein Überblick
Die Basis bilden die drei Weine der Serie Altos del Plata. Hier zeigen sich Malbec, Cabernet Sauvignon und Chardonnay reinsortig von ihrer fruchtig-charmanten Seite. Sie sind der ideale Einstieg, um die Höhen-Gewächse des Weinguts kennenzulernen. Mit der Reserva-Linie bekommt man sozusagen den vinophilen Fingerabdruck des Betriebs ins Glas. Neben den drei bereits erwähnten Rebsorten kommt hier auch noch die weiße Torrontés auf die Flasche. Das Besondere: obwohl reinsortig ausgebaut, handelt es sich bei diesen Weinen um Cuvées aus Trauben, die in den unterschiedlichsten Lagen gedeihen. So kann man mit Fug und Recht behaupten, dass man jetzt weiß, wie Mendoza schmeckt.
Noch eine Qualitätsstufe höher findet man die beiden Weine der Grand-Reihe. Malbec und Cabernet Sauvignon zeigen sich in ihnen von ihrer elegantesten und feinsinnigsten Seite. Kein Wunder! Hier werden ausschließlich verschiedene Höhenlagen assembliert. Cool-Climate-Gewächse in Perfektion also. Wer sich indes mit den einzelnen Terroirs Mendozas beschäftigen möchte, der kann genau das mit den vier Weinen aus dem Parcel-Portfolio machen. Die Besonderheit hier: es handelt sich jeweils um Malbec. Aber eben immer aus einer anderen Einzellage, wie zum Beispiel Los Cerezos oder Lican. Sie sind wie Symphonien, die von Hervé Birnie-Scott und seinem Team mit größter Achtsamkeit bereitet werden.
Von Nachhaltigkeit und sozialem Engagement
Wobei der Grundstock aller Weine bei Leibe nicht im Keller entsteht! Die Qualität entspringt schließlich den Weingärten selbst! So gehört zur naturnahen Bewirtschaftung zum Beispiel, dass 90 Prozent der Rebflächen mit der ressourcenschonenden Tröpfchenbewässerung ausgestattet sind. Dadurch bekommt jede Rebe genau so viel Wasser, wie sie benötigt - und nichts wird verschwendet. Und um so wenig Pestizide wie möglich einzusetzen, war Terrazas de los Andes das erste südamerikanische Weingut, das einen mechanisierten Unkrautdetektor implementierte, um so den Pestizidverbrauch um 80 Prozent zu verringern.
Einher geht damit dann auch eine soziale Verantwortung. So hat das Weingut sieben unterschiedliche Bildungsprogramme ins Leben gerufen, von denen jedes Jahr 2.000 argentinische Schüler profitieren. Sie sehen: hier greift alles ineinander. Es zählt das Gesamtbild, das sich mit viel Liebe zum Detail zusammensetzt. Da verwundert es dann auch nicht mehr, dass der Betrieb 2018 von der International Wine and Spirit Competition als "Argentinischer Weinproduzent des Jahres" ausgezeichnet wurde. Wobei das beste Argument, warum sich die Weine lohnen, immer noch die Gewächse selbst sind.
Copyright Titelbild: © Terrazas de los Andes