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Mosel: Wein höchster Höhe

Sonne, Schiefer, steilste Lagen. Und Riesling – so kurz kann man den weltberühmten Mosel-Wein zusammenfassen. Um sich der Faszination der Weinregion zu nähern, gönnen wir uns etwas mehr Zeit!

Man mag es kaum glauben, aber die Römer hatten an der Mosel Weinbau erstmal verboten. Kurz vor Christi hatten sie die heutige Stadt Trier von den Kelten erobert. Die Römer übten sich jedoch keineswegs in antiker Abstinenz. Sie wollten lediglich den Absatz von Wein aus dem Mutterland des Römischen Reichs stärken. Protektionismus statt Prohibition also. Denn wer konnte, schwelgte auch in Trier im römischen Luxus. Irgendwann waren die Römer aber doch angetan von dem Gedanken, in der dramatischen Flusslandschaft der Mosel Wein anzubauen. Und so erlaubte der "Weinkaiser" Probus im 3. Jahrhundert nördlich der Alpen schließlich den Anbau von Reben. Und begründeten damit Deutschlands älteste Weinregion.

Zwischen Trier nahe der luxemburgischen Grenze und Koblenz erstreckt sich die Weinregion Mosel. Ihre Weine wurden bereits früh von Dichtern gepriesen, 1912 an Bord der Titanic ausgeschenkt und sind heute auch im Weinkeller der Queen zu finden. Kein Restaurant, dessen Weinkarte etwas auf sich hält, kommt ohne die einzigartigen Rieslinge von der Mosel aus. Das feine Süße-Säure-Spiel aus Pfirsich, Aprikose, Zitrus und rassiger Weinsäure mit mineralischen Noten bei einem überraschend niedrigen Alkoholgehalt sind in dieser Form weltweit einmalig. Ebenso wie die Preise, die gelegentlich ans Bordeaux erinnern. Zur Faszination Mosel-Wein tragen spektakuläre Steillagen aus Schiefer bei, auf denen hauptsächlich Riesling-Reben wachsen. Für Winzer ein Knochenjob, der viel Wissen, Passion und Schwindelfreiheit erfordert. 

Mosel-Schleife am Bremmer Calmont
Sieht von oben gar nicht so steil aus: Idyllischer Blick vom Bremmer Calmont.

Steil, steiler, Moselhang

Im nördlichsten Teil der Weinregion Mosel gleichen die Weinhänge eher Wänden - sie sind so steil wie das Matterhorn. So hat der Bremmer Calmont, der steilste Weinberg Europas, eine Neigung von bis zu 68 Grad. Senkrecht genug, dass der Deutsche Alpenverein hier einen Klettersteig angelegt hat, unweit des sympathisch benannten Felsvorsprungs "Todesangst". Aber auch in allen anderen Bereichen der Mosel befinden sich die besten Rebflächen an abfallenden Weinhängen. Manche von ihnen sogar versteckt hinter Felsen oder sind nur mit einem Boot zu erreichen - etwas Abenteuer gehört dazu, um an einige der schönsten und steilsten Arbeitsplätze der Welt zu gelangen. Man sagt, die Winzer von der Mosel hätten zwei unterschiedlich lange Beine, damit sie gut am Hang stehen können. 

Ein Glas mit Weißwein auf einem Tisch mit weißer Tischdecke und einem Schattenspiel

Vor- und Nachteile der Steillagen für Mosel-Wein

Steillagen bedeuten zeitaufwändige Knochenarbeit. Trauben müssen von Hand gelesen werden, denn noch gibt es keine Vollernter, die das hier können. Mechanische Hilfen sind einfache Zahnradbahnen, sogenannte Monorackbahnen, die Material und Menschen über die Weinhänge transportieren. Dennoch beträgt der Arbeitsaufwand für Steillagen etwa 800 bis 1.000 Arbeitsstunden pro Hektar und Jahr. In flacheren Gebieten, die den Einsatz von mehr Maschinen ermöglichen, liegt er bei 200 bis 250 Arbeitsstunden. Ein großer Kostenfaktor, der bereits einige Winzer veranlasst hat, ihre Flächen aufzugeben. Waren etwa Anfang der 1990er-Jahre noch 12.300 Hektar bestockt, sind es heute nur noch 8.743 Hektar. Daher sieht man auch heute noch verwaiste Parzellen.  

Warum aber tun sich Winzer dann Steillagen überhaupt an? Nun, zum einen hat die Moselregion sehr viele davon. Mit ungefähr 3.500 Hektar gilt sie als das größte Steillagenweinbaugebiet der Welt. Der Hauptgrund sind jedoch die ausdrucksvollen Weine, die so nur am Moselhang entstehen können. Denn je steiler der Weinberg, desto intensiver trifft die Sonne darauf. Dadurch erhält die edle, spätreifende Sorte Riesling hier auch im Herbst genügend Sonne. Ein weiteres Plus ist die natürliche Entwässerung, da überschüssiges Wasser einfach hinabfließt. Meist über Schieferboden, der ebenfalls für den besonderen Geschmack der Weine sorgt. 

Schiefer aller Schattierungen

Dieser entstand vor 400 Millionen Jahren im Devon-Zeitalter. Damals lag der heutige Bereich unter einem riesigen Urmeer. Als sich die umgebenden Kontinentalplatten einander näherten, verschonten sie auch den Meeresgrund nicht. Sie schoben, quetschten, hoben ihn - das Rheinische Schiefergebirge entstand. Viele Millionen Jahre später, vor 15 Millionen Jahren, begann die Mosel damit, sich tiefer ins Gebirge zu fräsen und kurvte atemberaubende Flussschleifen hinein. In alle Himmelsrichtungen ausgerichtete Hänge aus Devonschiefer finden sich daher heute an der Mosel. Er kommt in vielen Schattierungen vor, von grau über blau und braun bis hin zu rötlich. Etwa die Hälfte der Weinberge weist Schiefer auf, andere Bodentypen an der Mosel bestehen aus Muschelkalk, Mergel und Sandstein. 

Am berühmtesten sind die Schieferböden, denn ihnen werden die besonderen mineralischen Noten im Mosel-Riesling zugeschrieben. Auf jeden Fall sorgen die kargen Schieferböden dafür, dass die Reben ihre Wurzeln weit ins Erdreich bohren müssen. Manche reichen bis zu 20 Meter in die Tiefe und gelangen so Nährstoffe, die es weiter oben nicht gibt. Gut für den Wein, denn so werden die Trauben aromatischer und komplexer. Die zarten mineralischen Noten werden den Schieferböden zugeschrieben. Das Wort 'Lay', das in den Lagennamen von Mosel-Weinen immer wieder auftaucht, kommt aus dem Keltischen und heißt nichts anderes als Schiefer. 

Schiefer: Untergrund für Mosel-Wein
So facettenreich wie der Schiefer ist dann auch der Mosel-Wein.

Es sind auch weitere Eigenschaften des Bodens für die Reben wichtig. Nicht nur leitet der Schiefer Wasser gut ab, er speichert auch hervorragend die Wärme des Tages. Etwas, das in der kühlen Mosel-Weinregion immens wichtig ist, damit die Trauben voll ausreifen. Zu Schiefer und Hanglage kommen weitere Faktoren, die Weinbau bei 50 Grad nördlicher Breite überhaupt erst möglich machten.

Wärmebecken im kühlen Klima 

Die Weinregion Mosel befindet sich im gemäßigten Kontinentalklima. Das heißt: kurze und heiße Sommer, Gefahr von Frost in kalten Frühjahrs- und Herbstnächten. Hinzu kommt eine kurze Vegetationsperiode, die nur für wenige Rebsorten geeignet ist. Kurz: diese Lage ist eigentlich ein Problem. Denn in Europa gelten 50 Grad nördliche Breite als die Grenze, an der Weinbau kommerziell überhaupt noch sinnvoll möglich ist. Und das nur, wenn alles stimmt. Also Sonne und Wärme vorhanden sind. Dafür sorgen hier gleich drei Flüsse. 

Man kann sich die Mosel mit ihren Nebenflüssen Saar und Ruwer als gigantische Wärmebecken vorstellen. Zunächst einmal schirmen die Hänge das Tal vor zu kalten Ostwinden ab. Zudem kann sich die in den Tälern eingeschlossene Luft tagsüber schneller erwärmen. Hinzu kommt, dass die Mosel nicht fließt, sondern schlängelt. Von Trier bis Koblenz legt sie 240 Kilometer Flusslauf zurück. Luftlinie sind es zwischen beiden Städten lediglich 100 Kilometer. Das ergibt dann viele Hänge in allen möglichen Ausrichtungen. Die besten sind die Süd- und Südwesthänge. Denn sie maximieren die Wärme für die dort wachsenden Trauben. Zudem erhalten die Trauben einen Extra-Push Licht, wenn sie in Sichtweite der Flüsse wachsen. Auch das reflektierende Sonnenlicht lässt nämlich die Früchte besser reifen. Und das eben lange in den Herbst hinein. Bis zu 160 Tage können die Trauben hier bis zur Lese am Rebstock hängen. Woanders sind das im Schnitt eher 120 Tage. Nach dieser kleinen Theoriestunde machen wir uns jetzt auf eine Schifffahrt entlang des Mosel.

Boot auf der Mosel
Ab geht die Mosel-Weinfahrt.

Mosel-Weinfahrt von Süd nach Nord

Die sechs Unterbereiche des Weinbaugebiets befinden sich an den drei Flüssen. Im Süden beginnt die Weinregion mit dem Moseltor, daran schließen sich die Abschnitte Obermosel, Saar, Ruwer und Bernkastel an, Burg Cochem beendet das Ensemble. Insgesamt gibt es im fünftgrößten deutschen Weinbaugebiet sagenhafte 524 Einzellagen. Davon hat der Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) ganze 75 als Große Lage eingestuft - das sind quasi die deutschen Grand Cru-Lagen. So viele gibt es in keinem anderen Weinanbaugebiet in Deutschland! Für die sogenannten Großen Gewächse lässt der VDP an der Mosel nur Riesling zu - die Traube ist hier halt der Star.

Riesling dominiert ganz klar mit 60 Prozent der Rebfläche. Aber nicht nur die Menge ist imposant, auch die vielen Facetten sind immens. Lange gab der Riesling Kabinett stilistisch den Ton an, heute wird die Traube auch zu trockenen Qualitätsweinen ausgebaut. Und selbst alle edelsüßen Varianten von Auslesen über Trockenbeerenauslesen bis hin zum raren Eiswein findet man an der Mosel. Als wäre das noch nicht genug, bieten Moselwinzer, wie ihre Kollegen an der Pfalz und im Rheingau, eine Superkategorie für Edelsüßes an. In besonders guten Jahren gibt es "Goldkapseln". Die stehen dann für besonders rare, exquisite Süßweine, die meist nur über Auktionen zu erhalten sind.  

Es gibt aber auch noch andere Rebsorten: Auf der weißen Seite kommen Müller-Thurgau (hier auch Rivaner genannt), die alte Sorte Elbling und Weißburgunder hinzu. Lediglich neun Prozent sind mit roten Sorten bestockt. Bei denen dominieren Spätburgunder (Pinot Noir) und Dornfelder. Bevor wir uns auf unserer Reise durch die Bereiche dem Rebsortenstar der Region widmen, beginnen wir im Süden mit einer überraschenden Sorte.

Mosel-Wein mit allen Bereichen auf einer Karte
So ist die Weinregion Mosel gegliedert. © Wine in Black

Moseltor und Obermosel: Uralte Sorte Elbling

Aus den Vogesen entspringend passiert die Mosel kurz hinter Schengen die luxemburgisch-deutsche Grenze. Sie fließt hier durchs Saarland und die ersten Weinberge gehören zum Moseltor, dem kleinsten Unterbereich mit nur 125 Hektar, sechs Einzellagen und drei Gemeinden. Kurioserweise befindet sich damit das einzige Gebiet, das saarländischen Wein herstellt, nicht an der Saar, sondern an der Mosel. Alle anderen Bereiche der Region Mosel gehören zu Rheinland-Pfalz. Böden und Weine des Moseltors ähneln denen der nördlich angrenzenden Obermosel. 

Ungewöhnlich ist in beiden Bereichen der Boden, der kaum aus kargem Schiefer besteht. Stattdessen wachsen die Reben auf nährstoffreichen, kalk- und lehmhaltigen Böden mit Muschelkalk, Keuper und Mergel. Da diese eher der Champagne ähneln als der restlichen Mosel, ist es kein Wunder, dass Schaumweine hier eine Spezialität sind. Die Hänge am Hunsrück sind weniger steil als im Norden am Bremmer Calmont und so sind die Rebflächen anfälliger für Kälte

Drei Weingläser mit Weißwein vor schwarzem Hintergrund

Die Bühne gehört der uralten, robusten weißen Rebsorte Elbling. Lange überall entlang der Mosel angebaut, wurde sie im 18. Jahrhundert zurückgedrängt. Denn Kurfürst Clemens Wenceslau befand nur die Riesling-Weine für hochwertig und verbot daher den Anbau von Rebsorten wie Elbling. Da sich Moseltor und Obermosel jedoch auf französischem Gebiet befanden, blühte die Verbannte hier weiterhin. Sie erbringt auf den flachen Weinhängen unkomplizierten, frischen Wein mit hoher Weinsäure. Auch Müller-Thurgau und Auxerrois werden angebaut. Auxerrois ist eine Burgunder-Sorte mit intensiven Aromen. Alle Weine aus den beiden Bereichen zeigen vor allem blumig-duftige Aromen, Noten von Kräutern und dezente Fruchtaromen von Apfel und Quitte. Weiter nördlich treffen wir dann auf die moseltypischen Schieferböden.

Champagner in Flöten
Überraschend, aber wahr: Es gibt Schaumwein an der Mosel.

Mosel-Wein an Saar und Ruwer: Schlank und elegant

Am nördlichen Ende der Obermosel mündet kurz vor Konz rechtsseitig die Saar in die Mosel. Der Bereich heißt einfacherweise auch gleich Saar. Noch weiter nördlich mündet hinter Trier die Ruwer in den Hauptfluss. Auch dieser Bereich ist nach seinem Fluss benannt. Beide Seitentäler weisen exzellente Weine mit eigenem Charakter auf, so dass die Weinregion bis 2007 Mosel-Saar-Ruwer hieß, die aus Marketinggründen vereinfacht wurde.

Die wärmenden Hanglagen auf wärmespeicherndem Devon-Schiefer sind ideal für Riesling. Dennoch sind die beiden Täler noch etwas kälter als die folgenden Abschnitte der Moselregion. Daher sind die Rieslinge hier von markanter Weinsäure, sehr elegant und schlank. Schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren Rieslinge von der Saar weltberühmt. Die besten kosteten mehr als Premier Crus aus dem Bordeaux. Und auch heute sind Qualität und Preis hoch. So verließ 2015 eine 2003er Riesling Trockenbeerenauslese vom "Kaiser des deutschen Weinbaus" Egon Müller das Weingut für 14.566 Euro.

Lange mussten Winzer in beiden kühleren Seitentälern mit unberechenbaren Jahrgängen leben. Meist reiften in einem Jahrzehnt die Trauben nur in drei bis vier Jahren voll aus. Mit dem Klimawandel wird es auch an Saar und Ruwer wärmer und die Ernten stabiler. Voll ausgereift sind die Rieslinge von der Ruwer unglaublich sanft und finessenreich. An der Ruwer befindet sich mit dem Karthäuserhof eines der ältesten Weingüter der Welt. 1335 von Karthäusermönchen gegründet, steht es exemplarisch für die lange Weinbautradition in der Hand von Klöstern an der Mosel. Das gegenüberliegende Weingut Maximin Grünberg geht ebenfalls auf ein Kloster zurück. Und auch das erzielte schon früh mit seiner Qualität Rekordpreise. Das wohl teuerste Fass Moselwein wurde 1923 an das Hotel Waldorf Astoria in New York. Ein Fuder - also etwa 1.000 Liter - 1921er Herrenberg Trockenbeerenauslese schipperte für 100.000 Goldmark über den Teich. 

Haupteingang des Hotels Waldorf Astoria in New York
Luxus mit Riesling: Das Waldorf Astoria in New York hat auch schon Mosel-Wein erworben.

Bernkastel: Riesling-Feuerwerk bei Piesport

Die Mittelmosel ist mit knapp 5.700 Hektar der größte Bereich und das Herz der Weinregion. Von Trier bis Briedel reihen sich hier die berühmten Weingüter mit ihren ebenso renommierten Einzellagen wie Perlen aneinander. Die Bedingungen, um parallel der Landschaft und dem Riesling zu huldigen, sind ideal. Schlösser, Weingüter und Flussschleifen wechseln sich wie rhythmisch abgesprochen ab. Als Riesling-Liebhaber weiß man nicht so recht, womit man sein Glas als Erstes befüllen will. Am Liebsten möchte man einige direkt nacheinander verkosten. Und dabei versuchen, ob man die leichten Unterschiede im Boden im Riesling herausschmecken kann. 

In der engen Moselschleife bei Trittenheim gehen die Hänge steil nach oben, auch hier erleichtern und sichern Monorackbahnen die abenteuerliche Arbeit im Weinberg. Trauben von der berühmten Lage Trittenheimer Apotheke vom Schieferboden sind äußerst elegant und mineralisch. Ungefähr sechs Kilometer weiter hat die Mosel mit ihrer nächsten Schleife bei Piesport ein dramatisch schönes Amphitheater geschaffen. Auf über 65 Hektar erstreckt sich die Top-Lage Piesporter Goldtröpfchen - eine der größten Einzellagen an der Mosel. Tiefer, lehmiger Schiefer sorgt für reichhaltige, würzig duftende Rieslinge. Und jetzt wird es kurz verwirrend: die Einzellage Piesporter Goldtröpfchen ist leicht mit der Lage Piesporter Michelsberg zu verwechseln. Diese ist aber eine Großlage, die Trauben aus knapp 40 Einzellagen und von über 1.000 Hektar verarbeitet. Die Weine sind eher günstig und zum sofortigen Genuss bestimmt. Gut, dass das deutsche Weingesetz diese Verwirrung gerade überarbeitet.

Bernkastel: Riesling-Verkostung bei Bernkastel-Kues

Mosel mit Blick auf Bernkastel-Kues
Legendär: Die Weingüter in der Nähe von Bernkastel-Kues.

Eine Kurve weiter nähern wir uns gemächlich der Kleinstadt, die dem Bereich ihren Namen gegeben hat. Blickt man von den Hügeln über Bernkastel-Kues flussabwärts, hat man auf fast acht Kilometern einen freien Blick über die malerische Mosel, die hier zur Abwechslung mal einigermaßen gerade fließt. Und auch hier würde man gern alles von der Weinkarte in der Landschaft verkosten. Etwa Rieslinge vom Bernkasteler Doctor, deren Feuerstein-Noten schon von Kaiser Wilhelm II. und Konrad Adenauer geschätzt wurden. Oder doch eine etwas kräftigere Variante vom Graacher Domprobst? Hier ergibt der hohe Anteil an reichhaltigem Lehm im Boden mehr Körper im Wein. Etwas weiter wachsen Weine von der Wehlener Sonnenuhr auf flachen, steinigen Schieferböden und schmecken reichhaltig und filigran zugleich. Oder wie wäre es mit einem Riesling vom Zeltinger Schlossberg, auf dunklem Tonschiefer, mit kräftigem Körper und fruchtig-würzig? 

Als wäre das nicht genug, geht es bei der nächsten Moselschleife bei Ürzig weiter: hier sorgt neben Schiefer der rote Sandstein, auch Rotliegendes genannt, für exotisch-würzige Rieslinge. Wie berühmt die Region schon um 1900 war, zeigt ein Stopp im kleinen Traben-Trarbach. Damals war das kleine Städtchen der zweitgrößte Weinhandelsplatz nach Bordeaux! Die imposanten Jugendstilvillen lassen darauf schließen, dass einige Händler den Wein sehr erfolgreich verkauften. Hinter den Villen geht die Weißweinkarte der Superlative langsam in den nächsten Bereich über.

Burg Cochem: Üppiges von Terrassen

Bei Zell beginnt der Bereich Burg Cochem, der 1.250 Hektar umfasst. Schon von Weitem sieht man die namensgebende Burg, die bereits der britische Maler William Turner eindrucksvoll in Aquarell skizziert hat. Spätestens jetzt fragt man sich, wie viel Landschaftsromantik ein einzelner Mensch so vertragen kann, bis das innere Kitschbarometer anschlägt. Von hier bis Koblenz sind die Weinberge noch etwas steiler und eindrucksvoller als an der Mittelmosel. Damit dennoch Platz für Reben ist, haben viele Winzer ihre Parzellen terrassiert und mit Steinmauern versehen. Daher heißt dieser Abschnitt auch Terrassenmosel. Und erinnert etwas an die Wein-Terrassen in der österreichischen Wachau und im portugiesischen Douro. 

Gefrorene Mosel bei Burg Cochem
Bei so viel Kälte genießt man den Anblick auf Burg Cochem am besten mit einem Glas Mosel-Wein.

Die Rieslinge von der Terrassenmosel sind kräftigere und üppigere als die von der Mittelmosel. Denn da die Steillagen noch extremer sind, bündeln sie noch intensiver die Sonneneinstrahlung. Und der nahegelegene Rhein schickt viel milde Luft ins Moseltal. So bilden die Trauben etwas mehr Fruchtzucker und weniger Weinsäure aus. Außerdem weist der Schiefer hier häufig quarzitischen Sandstein auf, der ebenfalls ein sehr guter Wärmespeicher ist und die Trauben gut reifen lässt. Herausragende Lagen sind neben der Bremmer Calmont die Winninger Uhlen und die Neefer Frauenberg. Aber auch das ist nur eine kleine Auswahl. Dort, wo die Mosel sich mit dem Rhein vereint, endet mit der Terrassenmosel zugleich die Weinregion Mosel. 

Mythos Mosel-Wein

Wir haben Ihnen hier fast nur etwas über Riesling erzählt. Das liegt eben an der Faszination, die er auslösen kann. In kaum einer anderen Region findet man die Sorte in so vielen Varianten! An der Mosel erlebt man genussvoll, was Boden und Lage für einen Einfluss auf Wein haben können. Aber natürlich gibt es noch mehr: Winzer, die für die Region eher untypische neue Weinstile anbieten oder mit bisher unbekannten Rebsorten experimentieren. Auch, weil der Klimawandel die Region wärmer macht und so zum Beispiel den Anbau roter und weißer Burgundersorten erlaubt.

Wenn Sie noch nicht an der Mosel waren, empfehlen wir Ihnen für die Zukunft, wenn Reisen wieder gut möglich ist, zwei Wein-Events. Auf denen lässt sich nämlich am besten erleben, wie dynamisch und facettenreich die Mosel ist. Spätestens, wenn man einmal beim Saar Riesling Sommer und Mythos Mosel dabei war, weiß man, wieso die Region und ihre Weine so faszinierend sind. Und bis es wieder so weit ist, können Sie ihre private Moselreise machen. Vielleicht erschmecken Sie ja den Unterschied zwischen einem weinsäurebetonten Riesling von der Saar und einem fruchtbetonten Riesling von der Mittelmosel?

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24 Antworten auf „Mosel: Wein höchster Höhe“

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