Wenn es um die großen Weine Italiens geht, kommt man um den Brunello di Montalcino nicht herum. Schließlich ist er so etwas wie Glanz und Gloria aus der Toskana. Hier gibt es mit Vino Nobile di Montepulciano oder dem Chianti Classico zwar Weine, die eine noch längere Tradition haben. Aber eben nicht ein derart gigantisches Renommee. Er ist so etwas wie der Glanz und die Gloria in Personalunion für die Toskana. Zusammen mit dem Barolo aus dem Piemont und dem Amarone della Valpolicella aus Venetien bildet der Brunello di Montalcino sogar das heilige Dreigestirn der großen italienischen Weine, die überall auf der Welt extrem beliebt sind.
Tatsächlich hat er den internationalen Siegeszug der großen Weine aus Italien sogar initiiert. Denn immerhin wurde er als erster Spitzenwein gen Vereinigte Staaten exportiert. Das war 1931. Erst danach folgten auch Barolo und Amarone. Und natürlich auch irgendwann der Supertuscan, den es damals aber noch gar nicht gab. Was aber fasziniert Weinliebhaber auf der ganzen Welt derart am Brunello di Montalcino? Wie wird er bereitet? Und wie schmeckt er eigentlich? All diesen Fragen widmen wir uns jetzt, indem wir einen kleinen Ausflug zu den Anfängen des beliebten Rotweins machen.
Brunello di Montalcino und sein Urvater
Streng genommen wurde der Brunello bereits im 14. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt. Noch strenger genommen handelte es sich dabei aber nicht um den Brunello di Montalcino, wie wir ihn heute kennen. Es war einfach nur ein Rotwein aus der Region, der aufgrund seiner braunen Farbe (bruno) so hieß. Die eigentlichen Anfänge des Brunello di Montalcino lassen sich Mitte des 19. Jahrhunderts in den Weingärten von Ferruccio Biondi Sandi finden, der eben dort einen ganz besonderen Sangiovese-Klon entdeckte. Besonders, weil die Weinbeeren einen besonders intensiven Geschmack hatten und ihre Schale extra dick erschien.
Genau nach solchen Eigenschaften hatte Biondi Sandi gesucht! Denn bis dato waren die Rotweine aus Montalcino eher schlicht. Sie dienten einzig und allein dazu, die Feldarbeiter zu stärken. Ferruccio Biondi Sandi aber wollte einen hochwertigen Wein aus der roten Rebsorte Sangiovese keltern. Reinsortig sollte er sein; für eine kleine Ewigkeit sollte er gemacht sein. Und er sollte die Welt begeistern. Biondi Sandi nahm also diesen einen Klon, gab ihm - und damit auch der Rebsorte - den Namen Brunello, weil die Beeren bräunlich schimmerten, vermehrte ihn und pflanzte ausschließlich diese Reben in seinem Weingarten an.
Eine Sensation von Biondi Sandi
Damit aber nicht genug! Denn da der Wein aus diesen Reben eine lange Zukunft haben konnte, baute Ferruccio Biondi Sandi ihn im Holzfass aus. 1880 präsentierte er in Siena dann die erste Flasche seines Brunello di Montalcino. Das war im doppelten Sinne eine Sensation. Damals wurden Weine in der Toskana noch nicht standardmäßig in Flaschen gefüllt, sondern fassweise verkauft. Man staunte also nicht schlecht, dass der Wein in einer Glasflasche daherkam. Aber auch der Wein selbst sorgte für Begeisterung. So einen kräftigen und zugleich eleganten Stil voller Frucht und Würze, Komplexität und Tiefgang kannte man damals noch nicht.
Diese eine Flasche reichte, um eine bombastische Nachfrage in Gang zu setzen. Jeder hatte irgendwann von irgendwem von diesem Wein aus Montalcino gehört. Und wollte ihn haben. Die Fans mussten sich allerdings noch bis 1888 gedulden. Erst da kam der erste offizielle Jahrgang auf den Markt. Für die Familie Biondi Sandi begann eine ebenso glorreiche wie lukrative Zeit, denn sie besaß für die nächsten 50 Jahre quasi das Monopol auf den Brunello di Montalcino. Erst in den 1920er-Jahren spezialisierten sich auch andere Winzer auf den Wein, dessen Beliebtheit stieg und stieg. Bis es zu gleich mehreren Katastrophen kam.
Brunello di Montalcino vor dem Aus?
Im Jahr 1929 waren 900 Hektar mit Brunello (der Name des Sangiovese-Klons hielt sich wacker) bestockt. Zwar hatte damals noch jeder Winzer sein eigenes "Rezept" für Brunello di Montalcino, aber trotzdem war der Wein so gefragt, dass es zu den ersten Exportverträgen mit den Vereinigten Staaten kam. Einer glänzenden Zukunft stand also nichts mehr im Wege. Doch es kam anders als gedacht. Zuerst fiel die Reblaus in der Toskana ein und vernichtete einen Großteil der Reben. Dann brach die Wirtschaftskrise über das Land herein. Und als man sich gerade so berappelt hatte, begann der Zweite Weltkrieg.
Die Folge: im Jahr 1960 bewirtschafteten gerade einmal elf Winzer traurige 63 Hektar mit Brunello-Reben. Der legendäre Wein stand also tatsächlich kurz vor dem Aus. Zum Glück schauten sich die Italiener in den 1960er-Jahren dann aber das Appellationssystem bei den Franzosen ab. 1966 war Brunello di Montalcino eine der ersten Regionen, die den DOC-Status (Denominazione di Origine Controllata) erhielt - und damit auch die ersten verbindlichen Regeln für den Brunello. Damals waren ein 42-monatiger Ausbau in slawonischer Eiche sowie weitere 24 Monate Flaschenreife für einen Brunello di Montalcino verbindlich. Und natürlich dürfte er ausschließlich aus der Brunello-Rebe vinifiziert werden.
Neue Regeln für den Brunello di Montalcino
Nach und nach wuchsen die Rebflächen. Und auch die Beliebtheit des Brunello kehrte zurück. Das lag nicht zuletzt daran, dass die Qualität dank der strengen Produktionsregeln nun endlich genormt war. Der Geschmack indes nicht. Natürlich bestach (und besticht) ein Brunello di Montalcino mit seinem kräftigen Tannin, seiner moderaten Weinsäure und seiner intensiven Aromatik von Brombeere, Baldrian, Teer und Leder. Aber jeder Winzer kann dank unterschiedlicher Lagen eben auch seinen ganz eigenen Stil verwirklichen. Das wussten die Betriebe rund um Montalcino sehr zu schätzen.
1980 bekam der Brunello di Montalcino dann den Ritterschlag in Sachen geschützte Herkunftsbezeichnung. Aus der DOC wurde eine DOCG (Denominazione di Origine Controllata e Garantita). Damit ging zweierlei einher. Zum einen wurden die Produktionsregeln geändert, die bis heute gelten. Zum anderen wurde die Rebsorte von Brunello wieder in Sangiovese umbenannt. Was aber nichts daran ändert, dass ein Brunello di Montalcino zu einhundert Prozent aus eben dieser Rebsorte bestehen muss. Für den Holzausbau ist jetzt nicht nur Eiche, sondern auch Kastanie erlaubt. Und die Zeit wurde reduziert. Den 24 Monaten im Holz folgen 36 Monate Flaschenreifung. Letztere verlängert sich für eine Riserva-Version um weitere 12 Monate. Um die Qualität auch gleich optisch hervorzuheben, wird ein Brunello ausschließlich in Bordeaux-Flaschen abgefüllt. Und diese dürfen nicht mehr als fünf Liter fassen. Bei den meisten Weingütern ist aber bereits bei der Doppelmagnum mit ihren drei Litern Schluss.
Licht und Schatten rund um den Brunello di Montalcino
Mit diesem Qualitätskonzept konnten sich in den vergangenen vier Dekaden immer mehr Winzer anfreunden. Aus den 63 Hektar sind inzwischen über 2.000 Hektar geworden, die von etwa 250 Betrieben bewirtschaftet werden. Und das mit großem Erfolg. Denn die Rebsorte Sangiovese fühlt sich auf den nährstoffarmen und steinigen Böden rund um Montalcino besonders wohl - und bringt dementsprechend aromatische Trauben hervor. Ertragsreduktion und eine akribische Weinbergspflege tun ihr Übriges, um aus dem Brunello di Montalcino einen weltweit beliebten Wein zu machen. Was sich dann auch im Preis niederschlägt. Zum einen wird der Wert der 2.000 Hektar auf über zwei Milliarden Euro geschätzt. Damit einher geht, dass der Brunello den höchsten Durchschnittspreis aller italienischen Weine hat. Hinzu kommt der Kult, den man in Montalcino um den Brunello betreibt. So bekommt jeder einzelne Jahrgang eine kunstvoll gestaltete Kachel spendiert, die man allesamt an einer Wand des Rathauses bewundern kann.
Trotzdem war das im Jahr 2008 einigen großen Weingütern nicht genug. Sie verschnitten ihren Sangiovese mit den internationalen Rebsorten Merlot und Cabernet Sauvignon und lösten damit das sogenannte "Brunellopoli" aus, das im englischsprachigen Raum auch "Brunellogate" hieß. Denn natürlich musste ein Brunello di Montalcino auch damals ein reinsortiger Sangiovese sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelte und beschlagnahmte sage und schreibe 6,5 Millionen Liter Brunello. Es folgte eine mediale Schlammschlacht. Und die Vereinigten Staaten verhängten sogar einen Einfuhrstopp des Weins. Die vinophile Welt war in Aufruhr. Was aber nichts daran änderte, dass nur wenige Beteiligte verurteilt wurden. Die Beweislage war einfach zu dünn. Doch der Skandal löste letztlich etwas anderes aus. Nämlich eine Diskussion über die strengen DOCG-Regeln.
Ein Wein erstrahlt in neuem Glanze
Natürlich sahen sich die Brunello-Winzer, die sich strikt an die geltenden Statuten hielten, übervorteilt. Und den Ruf des Weins durch den Skandal beschädigt. Es gab aber auch andere Stimmen, die forderten, dass man nun endlich bitteschön auch andere Rebsorten für einen Brunello di Montalcino zulassen solle. Um ihn geschmacklich schon früher zugänglich zu machen - und auch internationaler. Dem hielten die Traditionalisten die Regionalidentität entgegen. Die Diskussion dauerte Monate und gipfelte in einer Abstimmung. Das Ergebnis war überraschend eindeutig. 96 Prozent der Winzer wollten die DOCG-Regeln so lassen, wie sie waren. Also gab es keine Gesetzesänderungen, dafür aber noch strengere Kontrollen, um den Ruf des Brunello di Montalcino wieder herzustellen. Dieses Qualitätsstreben komplettierte man in den vergangenen Jahren durch den Herkunftsgedanken. So gibt es inzwischen Brunello-Weine, die aus Einzellagen stammen.
Hinzu kam dann noch eine Image-Kampagne, mit der man das Vertrauen der Kunden schnell wieder zurückgewinnen konnte. Der Jahrgang 2008 geriet so recht zügig in Vergessenheit. Was nicht zuletzt daran lag, dass 2010 die Qualität der gelesenen Trauben derart gut war, dass man in Montalcino eines der raren Ausnahme-Jahre ausrief. Denn seit 1945 wird tatsächlich die Qualität eines jeden Jahrgangs mit einem bis maximal fünf Sternen bewertet. 2010 bekam volle fünf Sterne. Ebenso, wie übrigens auch 2015 und 2016.
Diese Bewertung ist insofern wichtig, weil sie Rückschlüsse auf die Lagerfähigkeit eines Brunello di Montalcino geben. Solche Ausnahme-Jahrgänge kann man, wenn man sie vorab karaffiert, zwar auch schon jung genießen. Sie reifen aber auch wunderbar noch zehn bis zwanzig Jahre auf der Flasche. Damit bringen sie alles mit, was einen großen Wein ausmacht. Dementsprechend begehrt sind sie leider aber auch. Wenn Sie also einen Brunello di Montalcino aus 2015 oder 2016 habhaft werden können, dann zögern Sie nicht! Eine bessere Brunello-Qualität aus jüngster Vergangenheit finden Sie nicht!
16 Antworten auf „Brunello di Montalcino: Sangiovese-Gigant aus der Toskana“
[…] gesehen liegt ein Vino Nobile di Montepulciano zwischen einem Chianti Classico und einem Brunello di Montalcino und kombiniert die Eleganz des ersten mit der festen Struktur des letzteren. Aufgrund der schweren, […]
[…] 2013 mit. Vor allem zum Essen sollte der gut passen. (Es gibt Ente in diesem Jahr). Aber auch ein Brunello aus dem Traumjahr 2015 oder ein Barolo aus dem umjubelten Jahrgang 2016 passen perfekt zu einem […]
[…] Tannin haben. Also etwa Weine aus dem Médoc im Bordeaux und der Rioja, italienischen Barolo und Brunello di Montalcino, kalifornische Cabernet Sauvignon und Portweine. Selbst einige Weißweine – egal ob jung oder alt – […]
[…] Gefallen an vollmundigeren Weinen aus Sangiovese hat, der kann es gerne mal mit einem Brunello di Montalcino oder einem Vino Nobile di Montepulciano versuchen. Auch ein Supertuscan mit einem hohen […]
[…] einem Berg die Stadt Montalcino. Sie ist die Heimat eines weiteren berühmten Toskana-Weins: dem Brunello di Montalcino. Neben dem Barolo aus dem Piemont und dem Amarone de Valpolicella aus Venetien hat er unter allen […]
[…] 1980er-Jahren viel von seinem Glanz verloren hatte. Wie überall in der Toskana sanken auch beim Brunello die Qualitäten, seitdem die großen Winzer-Familien in den 1960er-Jahren ihre Heimat in Scharen […]
[…] Die wichtigste davon ist, dass sich Teile der Colli Senesi mit den Anbaugebieten von Brunello und Vino Nobile di Montepulciano überschneiden. Ein wichtiges Detail. Denn es kommt durchaus […]
[…] "Na, von hier!" Denn hier ist sie die Leitrebsorte schlechthin. Ob nun Chianti, Chianti Classico, Brunello di Montalcino oder Vino Nobile di Montepulciano – in all diesen großen Toskana-Weinen ist Sangiovese drin. Ja, […]
[…] die Gerbstoffe nicht ganz so ruppig daherkommen. Zum Beispiel ein Barolo aus dem Piemont. Oder ein Brunello aus der […]
[…] förmlich nach einem intensiven Wein zum Fondue! Wie wäre es mit einem Supertuscan oder einem Brunello aus der Toskana? Wer es lieber etwas feiner haben möchte, kann auch einen Pinot Noir aufmachen. […]
[…] im Bordeaux. Und sogar in der italienischen DOCG (Denominazione di Origine Controllata e Garantita) Brunello di Montalcino. Genauso wie Bordeaux-Weine stehen nämlich auch Brunelli für hohe Qualität. Da kann man das auch […]
[…] Jedenfalls nicht im eigentlichen Sinne. So, wie ein Barolo aus der roten Nebbiolo-Traube oder ein Brunello aus Sangiovese bereitet wird, ist auch der Lugana nach seiner Herkunft benannt. Also Lugana DOC. […]
[…] Bordeaux, Rioja oder ein Châteauneuf-du-Pape fühlen sich hier ebenso wohl wie ein Barolo, ein Brunello di Montalcino oder auch ein Amarone della Valpolicella. Auch für einen Vintage Port ist diese Trinktemperatur […]
[…] ein Amarone della Valpolicella in seinem Renommee sogar einem Barolo aus dem Piemont oder einem Brunello di Montalcino aus der Toskana in nichts nach. Selbiges gilt auch für einen Soave Classico. Und wer es etwas […]
[…] Gegensatz zum Brunello di Montalcino oder Barolo, die zu 100 Prozent aus Sangiovese beziehungsweise Nebbiolo bestehen und mit denen der […]
[…] minder gut passen auch ein Brunello di Montalcino oder ein Vino Nobile di Montepulciano aus der Toskana. Wie in einem Chianti Classico ist hier die […]