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Italien Toskana

Toskana - Wein mit Kultstatus

Vom Chianti Classico über Brunello di Montalcino und Vino Nobile di Montepulciano bis hin zum Supertuscan. Kaum eine andere italienische Region hat so viele berühmte Stile wie die Toskana – Wein hat dort einen immensen Stellenwert.

Was für Frankreich Bordeaux und Burgund, sind für Italien Piemont und Toskana. Beide Weinregionen sind die strahlenden Stars des markanten Stiefels. Aber die Toskana hat dann doch noch einmal einen anderen Stellenwert. Denn sie ist nicht nur die älteste Weinregion Italiens, sondern gehört auch zum Netzwerk der "Great Wine Capitals", in das jeweils nur eine Weinbauregion pro Land aufgenommen wird. Die Bedeutung von Toskana-Wein wäre damit also ganz eindeutig geklärt. Kommen wir zum komplizierteren Teil.

Denn eines prägt die Toskana: Wein, der in lauter kleine Subregionen unterteilt ist und unterschiedlicher gar nicht sein könnte. Und das, obwohl ein Großteil der etwa 65.000 Hektar umfassenden Rebfläche mit den verschiedenen Spielarten des Sangiovese bestockt ist. Dass sich die Weine in ihrer Stilistik derart stark unterscheiden, liegt vor allem an den geographischen Gegebenheiten.

Die Toskana lässt sich grob in drei Bereiche gliedern. Während im Norden die prägende weitläufige Hügellandschaft zu finden ist, wartet die Südtoskana mit geringeren Höhen, aber mit wärmeren Temperaturen auf. Beides ist ideal für die Sangiovese-Traube, die es gerne mollig und sonnig mag. Und dann gibt es noch die relativ flache Küstenregion, die von den kühlen Brisen vom Meer profitiert. Hier gedeihen aufgrund des milderen Klimas vor allem die Bordeaux-Sorten prächtig. Wandern wir ein wenig durch die Reben von Nord nach Süd bis hin zur Küste!

Karte der Toskana innerhalb Italiens
Kleine geographische Verortung der Toskana. © Wine in Black

Chianti: Toskana-Wein aus dem Norden

Mit dem Norden wird vor allem ein Wein in Verbindung gebracht: der Chianti. Womit wir wieder beim Thema Sangiovese wären. Denn aus genau dieser Rebsorte wird dieser Italo-Klassiker hauptsächlich gekeltert. Wobei aber auch bis zu 20 % andere rote Rebsorten enthalten sein dürfen. Bis 2006, als es zu einer Änderung der DOC- und DOCG-Statuten kam (Denominazione di Origine Controllata und Denominazione di Origine Controllata e Garantita), mit denen in Italien die unterschiedlichen Qualitätsstufen in Sachen Wein festgelegt sind, war sogar ein Schuss Weißwein mit bis zu 10 % erlaubt. Diese Zeiten sind vorbei - und werden auch nicht vermisst.

Ein Blick in die hügeligen Rebflächen der Toskana
Ein Blick über die hügeligen Rebflächen der Toskana.

Das Chianti-Gebiet beginnt in den Ausläufern des Apennin und erstreckt sich zwischen den Städten Pisa, Florenz und Siena. Aus der Subregion Chianti stammen inzwischen die Hälfte aller Toskana-Weine. Das liegt nicht zuletzt daran, dass das Chianti-Gebiet in einem regelrechten Kraftakt per Gesetz massiv ausgeweitet wurde, um der enormen Nachfrage dieses Italo-Superhits gerecht zu werden. Um die ursprüngliche Region hervorzuheben, wurde eben diese im Zuge der Erweiterung in Chianti Classico umbenannt. Das Chianti-Gebiet selbst teilt sich wiederum auch in verschiedene Subregionen auf. Dieser Detailarbeit widmen wir allerdings einen eigenen Text.

Toskana: Wein, geprägt von der Hügellandschaft

Karte von Chianti und Chianti Classico innerhalb der Toskana
Chianti und Chianti Classico auf einem Blick. © Wine in Black

Chianti und Chianti Classico bilden nicht nur das größte, sondern auch mit das vielfältigste Gebiet in der Toskana. Und das liegt tatsächlich an dem optisch so zauberhaft anmutenden Hügelteppich, der die Landschaft prägt. Die Hänge, auf denen Sangiovese so prächtig gedeiht, sind zwischen 100 und 500 Meter hoch - und neigen sich allen Himmelsrichtungen entgegen. Genau diese Ausrichtung bestimmt dann aber darüber, wie die Trauben reifen. Und damit auch, wie intensiv die Aromatik ist.

Die Beschaffenheit des Bodens tut dann ihr übriges. Mergel, kalkhaltiger Sandstein und tonhaltige Letten prägen die höher gelegen Rebflächen. In den tieferen Lagen hingegen dominieren sandige Böden mit feinem Schotter. Inzwischen wird diese Vielfalt von den Chianti-Winzern nicht nur geschätzt, sondern auch genutzt. In den 1960er-Jahren sah das noch ganz anders aus. Damals verkam der heute so hoch geschätzte Toskana-Wein aus der beliebten Sangiovese-Traube zu einem billigen Massenprodukt, das selbst die Italiener nicht mehr gerne trinken mochten und es lieber, in Bastflaschen abgefüllt, ins Ausland karrten, wo selbst dort irgendwann kein Hahn mehr danach krähte.

Rotwein wird aus einer Weinflasche in ein Weinglas eingegossen

Eine Qualitätsoffensive fand erst wieder statt, als in den 1970ern die ersten Supertuscans aufkamen und dem Chianti mächtig Konkurrenz machten. Seitdem haben sich Chianti und Chianti Classico wieder zu den Vorzeigeregionen für Wein aus der Toskana gemausert, die sie einst waren. Dadurch kräht der Hahn erneut gewaltig. Denn der schwarze Hahn, der "Gallo Nero", ziert als Markenbotschafter jede einzelne Chianti Classico-Flasche.

Wein aus dem Süden

Aber verlassen wir den Hügelteppich des Chianti-Gebiets und wenden uns in Richtung Süden. Denn etwa 40 Kilometer von Siena entfernt thront hoch oben auf einem Berg die Stadt Montalcino. Sie ist die Heimat eines weiteren berühmten Toskana-Weins: dem Brunello di Montalcino. Neben dem Barolo aus dem Piemont und dem Amarone della Valpolicella aus Venetien hat er unter allen italienischen Weinen mit das höchste Renommee. Und das liegt vor allem an seiner Langlebigkeit. Wer einen Brunello kauft, der holt sich zugleich eine kleine Ewigkeit ins Haus. Der Wein ist berühmt für seine lange Lagerfähigkeit.

Karte der Toskana mit Chianti, Montalcino und Montepulciano
Wo Brunello und Vino Nobile zuhause sind. © Wine in Black

Während man bei vielen Weinstilen nicht genau weiß, wie sie eigentlich entstanden sind, kann man das beim Brunello ganz genau sagen. Es war nämlich Ferruccio Biondi-Sandi, der einen Sangiovese-Klon selektionierte und ihn dann Brunello nannte. Zwischenzeitlich hieß die Rebsorte dann sogar ob ihres Erfolges Brunello. Aber wie es bei den Weingesetzen nun mal so ist, musste sie irgendwann wieder umbenannt werden. Inzwischen zählt die Rebsorte, aus der der Brunello zu 100 % bestehen muss, zum Sangiovese Grosso. Brunello darf nur in Montalcino gekeltert werden, was ihm den Beinamen "di Montalcino" einbrachte.

Der noble Toskana-Wein aus Montepulciano

Ebenfalls im Süden zu finden, ist das idyllische Städtchen Montepulciano. Hier findet man den nächsten berühmte Toskana-Wein. Den Vino Nobile di Montepulciano. Und dieser wird, wie sollte es auch anders sein, hauptsächlich aus Sangiovese vinifiziert. Ähnlich wie beim Chianti dürfen hier bis zu 30 % andere rote Rebsorten mit verwendet werden. Besonders ein hoher Cabernet-Anteil fügt dem grazilen Sangiovese eine betörende Würze hinzu.

Puristen setzen mitunter auf 100-prozentige Sangiovese-Cuvées. Solche reinsortigen Sangiovese sind einem Brunello di Montalcino häufig zum Verwechseln ähnlich. Was nicht zuletzt daran liegt, dass sich Klima und Böden hier sehr, sehr ähnlich sind. Und es gibt häufig noch eine Gemeinsamkeit mit dem Brunello: den Preis. Ein Vino Nobile ist nicht nur edel, sondern dementsprechend nicht gerade günstig. Wer es etwas erschwinglicher haben möchte, wird in Montepulciano aber trotzdem fündig. Dem Zweitwein Rosso di Montepulciano sei dank. Auch dieser besteht übrigens zu mindestens 70 % aus Sangiovese.

Eine Frau prostet einem toskanischen Weingarten mit einem gefüllten Rotweinglas zu.
Ein Hoch auf die Toskana!

Toskana: Wein von der Küste

Norden und Süden der Toskana waren seit jeher die vielbeachteten Anbaugebiete in Sachen Wein. Während der Süden rund um Montepulciano davon profitierte, dass einst Päpste hier geboren wurden und der Region dementsprechend zu Aufmerksamkeit verhalfen, bauten in der nördlichen Chianti-Region bereits die Etrusker Wein an, bevor sie dort von den Römern abgelöst wurden. Als im Mittelalter dann Florenz dank der Medici zum weltweiten Finanz- und Kulturzentrum avancierte, kam natürlich auch der Wein aus den umliegenden Rebflächen - und verbreitete sich von Florenz aus in ganz Europa. Ein eher stiefmütterliches Dasein fristete indes die Küstenregion. Klar, denn aufgrund der Meeresbrisen und des kühleren Klimas fühlt sich die wärmeverwöhnte Sangiovese-Traube hier nicht ganz so wohl.

Zwei Weingläser mit Rotwein vor schwarzem Hintergrund

Und trotzdem gehört ein kleines Fleckchen der Toskana-Küste inzwischen zu den Superstars der Weinwelt: das Bolgheri. Hier ist die Heimat der sogenannten Supertuscans wie Sassicaia, Ornellaia und Co, die eben nicht mit Sangiovese, sondern mit Bordelaiser Rebsorten wie Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot oder Petit Verdot glänzen. Offiziell gehört das Bolgheri übrigens zur Toskana-Region Maremma, die in den 1970er-Jahren in der Weinwelt aufgrund fehlender Weinqualitäten so gar keine Rolle spielte. Deswegen wird das Bolgheri seitdem von der Maremma losgelöst vermarktet.

Es bleibt spannend in der Toskana

Karte Subregion Maremma
Maremma ist stark im Kommen! © Wine in Black

Seit den 1980er-Jahren holt man aber auch in der Maremma kräftig auf. Weinexperten prophezeien inzwischen, dass es zum neuen Gebiet der Superlative avancieren wird. Achten Sie also auf die Weine aus dieser Region, die noch als echte Schnäppchen zu haben sind und die ihren Wert bald verdoppeln, wenn nicht sogar verdreifachen könnten. Denn genau dieses Phänomen war auch in den 1970er-Jahren bei den Supertuscans zu beobachten. Da noch Weine zu finden, deren Preis nicht explodiert ist, ist ein sehr ambitioniertes Vorhaben.

Trotzdem sind die Supertuscans nicht mehr wegzudenken. Und nicht nur das! Sie haben in Sachen Toskana-Wein für eine echte Qualitätsoffensive gesorgt. Um konkurrenzfähig zu bleiben, wurde im Zuge ihres Aufstiegs schließlich auch im Chianti wieder auf Qualität gesetzt. Und von diesem mächtigen Aufwärtswind profitierte dann letztlich auch der Süden. Es ist erstaunlich, wie sehr sich die Toskana innerhalb der vergangenen 50 Jahre als Weinregion neu definiert hat. Das Beste aber: die Entwicklung ist noch längst nicht abgeschlossen. Dadurch wird Toskana-Wein auch noch in Zukunft ein spannender Genuss bleiben.

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