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Margaret River: Weltklasse in Westaustralien

Vom Surferparadies zur weltberühmten Weinregion – das australische Margaret River hat einen rasanten Aufstieg hingelegt. Mit legendären Gewächsen aus Cabernet Sauvignon, Chardonnay und mehr. Schauen wir uns das mal genauer an.

Manche Gebiete haben weltberühmte Weine zu bieten. Andere eine atemberaubend steile Erfolgsgeschichte. Margaret River trumpft mit beidem auf. Denn die Weinregion gehört zu den jüngsten überhaupt. Nicht nur in ihrer Heimat Australien, sondern auch weltweit. Weingeschichtlich gesehen ist sie ein Wimpernschlag. Vor allem, wenn man an Frankreich, Italien oder Georgien denkt. So beweisen etwa in Georgien gefundene Tonamphoren, dass man dort seit fast 8.000 Jahren Wein macht! Margaret River hingegen feierte vor kurzem seinen 50. Geburtstag. Der erste kommerzielle Weinberg wurde hier nämlich erst 1969 gepflanzt. Trotzdem reichte diese kurze Zeit aus, um Weltklasse-Gewächse zu erzeugen.

Für Spitzenqualitäten brauchten die Winzer in Margaret River genau dreizehn Jahre. 1982 kürte das britische Weinmagazin Decanter einen Chardonnay vom Weingut Leeuwin zum besten Chardonnay der Welt. Ein Jahr später gewann ein Cabernet Sauvignon von Cape Mentelle die begehrteste Wein-Auszeichnung des Kontinents, die Jimmy Watson Memorial Trophy. Damit stand er auf einmal in einer Reihe mit Rotwein-Größen wie Penfolds legendärem 'Grange'. Und das, obwohl in Margaret River damals Weineuphorie erst sehr zart zu spüren war. Die meisten Einwohner verdienten ihr Geld hier in der Molkerei oder im Sägewerk. Gastronomisch war man in der Regel zufrieden, wenn außer Haus Bier und Fleischpasteten erhältlich waren. Von großer Weinbautradition konnte keine Rede sein.

Chardonnay im Glas mit Rosen im Hintergrund
In Windeseile zu preisgekrönten Weinen: Margaret Rivers Geschichte ist beachtlich.

"Rotes Dynamit" und Regen: Margaret Rivers erste Schritte

Im frühen 19. Jahrhundert war der Westzipfel Australiens Ziel europäischer Siedler. Im Gepäck hatten sie auch Rebstöcke, die sie anpflanzten. Daraus erzeugten sie mikroskopisch kleine Erträge. Die reichten gerade mal für die eigenen Familien und die Walfänger, die gelegentlich vorbeikamen. Kommerzieller Weinbau hingegen begann gut 300 Kilometer weiter nördlich, im Swan Valley. Das sonnige Tal hielt man für geeigneter, da es wärmer und trockener war als an der Westküste. Im regnerischen Margaret River machte erst ein Jahrhundert später ein Italiener mit seinen Weinen von sich reden. Giacomo Meleri brachte seine Tropfen auf Tanzveranstaltungen an den Mann und die Frau - unter dem sprechenden Namen "Rotes Dynamit". Von Premium-Weinen war man da noch weit entfernt.

Das änderte sich, als sich die Lage in Swan Valley verschlechterte. Dort sank Mitte des 20. Jahrhunderts die Nachfrage der Weine. Australien, das Land der Bier- und Likörwein-Trinker, wandelte sich. Mehr und mehr Genießer entdeckten trockene Weine höherer Qualität. Und kauften dafür verstärkt importierte Weine ein. Die Regierung wollte handeln. Daher beauftragte sie einen Forscher aus Kalifornien, dem Ganzen mal auf den Grund zu gehen. Acht Monate bekam der renommierte Professor Harold Olmo 1955 Zeit, um das Swan Valley und die umliegenden Gebiete zu durchleuchten. Mission: Potenzial für bessere Weine aufspüren. Als Önologe und Rebenzüchter verstand er etwas davon. In seinem abschließenden Bericht empfahl er das weiter östlich gelegene Great Southern. Hingegen hielt er Margaret River mit über 1.000 Millimetern Niederschlag im Jahr für zu verregnet. Diesen Report hatte der Agrarwissenschaftler Dr. John Gladstone mit großem Interesse gelesen. Und sah das ganz anders.

Mann hält Trauben in seinen Händen
Spitzenqualitäten aus Margaret River? Dr. Gladstone war davon überzeugt.

Im Namen der Ärzte: Die Winzer-Pioniere

Dr. John Gladstone bezweifelte Olmos Deutung des Regens. Gladstone kannte Margaret River und hatte eine aufschlussreiche Beobachtung gemacht. Denn ja, das Gebiet gehört tatsächlich zu den nassesten des gesamten Kontinents. Allerdings fällt das Gros davon in der Winterzeit. Während der Wachstumsperiode hingegen sind es nur 275 Millimeter. Als noch größeres Plus begriff der Wissenschaftler die Böden. Denn dabei handelt es sich hauptsächlich um stark kieshaltigen Lehm. Hinzu kommen nährstoffarme Böden auf Kalk-, Granit- und Schiefergestein. Genau die sorgen für einen exzellenten Wasserabzug, falls es doch mal stark regnen sollte. Seinen eigenen Bericht veröffentlichte Gladstone 1967, knapp zehn Jahre später. Der wirkte dann wie eine Initialzündung.

Kurioserweise zunächst unter Ärzten. 1967 pflanzte der leicht exzentrische Dr. Tom Cullity die ersten Cabernet-Sauvignon-Rebstöcke in den Boden. Sein Weingut Vasse Felix begrüßt noch heute Ankommende mit einem großen Holzschild, auf dem "1. Weingut in Margaret River" steht. Diesen Titel verfehlten Dr. Bill Pannell und seine Frau nur um ein paar Jahre, als sie 1970 Moss Wood gründeten. Als dritter Mediziner im Bunde stieß Dr. Kevin Cullen hinzu, der 1971 mit seiner Frau Cullen Wines ins Leben rief. Ohne Doktor-Titel, aber mit praktischem Wein-Background kam bereits 1970 Familie Hohnen nach Margaret River, die Cape Mentelle gründeten. Auch bei ihnen wurzelte Cabernet Sauvignon in den Weinbergen. Alle glaubten, das australische Bordeaux entdeckt zu haben. 

Karte Weinregion Margaret River© Wine in Black
Hier liegt Margaret River im Westzipfel von Australien. © Wine in Black

Bordeaux in Down Under?

Tatsächlich gibt es ein paar Parallelen zur weltberühmten französischen Region. Aufgrund der Lage am Meer und wegen des maritimen Klimas. Margaret River liegt sogar an zwei Ozeanen: während an die Nordspitze bei Cape Naturaliste der Indische Ozean brandet, blickt man von der Südspitze bei Cape Leeuwin auf den Südlichen Ozean. Genau wie im Bordeaux kühlen in Margaret River die Meeresbrisen im Sommer die Reben. So bewahren sie in den Trauben eine schöne Frische. Dabei sind die Weinberge in beiden Gebieten sonnenverwöhnt. Am Atlantik betragen die Sonnenstunden jährlich 2.700, in Westaustralien sind es 2.600. Zum Vergleich: die Pfalz, die auch schon mal "deutsche Toskana" genannt wird, kommt nur auf etwa 1.800. 

Paradoxerweise aber zählt Margaret River als Cool-Climate-Region. Das kommt daher, weil es für australische Verhältnisse hier tatsächlich kühl zugeht. Immerhin ist die jährliche Durchschnittstemperatur ein Grad Celsius niedriger als die im heißen Barossa Valley. Daher haben die Pioniere zu Beginn auch mit Riesling experimentiert. Allerdings ist es dann aber doch deutlich wärmer als etwa an der Mosel. Das Thermometer zeigt in Margaret River jährlich durchschnittlich sieben Grad mehr an als in Zell an der Mosel. Wie gesagt: eben kühl für australische Verhältnisse. So pflanzten die ersten Winzer neben Cabernet Sauvignon auch andere Sorten, die Wärme vertragen wie Shiraz und Chardonnay. Hinzu kommen bei den weißen auch Bordeaux-Vertreter. Nämlich Sauvignon Blanc und Sémillon. Genau diese fünf Rebsorten sind heute auch die häufigsten in Margaret River: Zusammen kommen sie auf knapp 90 Prozent. Zu beeindruckend schnellem Weltruhm verhalfen der Region dabei Chardonnay und Cabernet Sauvignon.

Weinreben in Margaret River
Sonnenverwöhnt: Rebstöcke in Margaret River.

Rising Stars in Margaret River: Chardonnay und Cabernet Sauvignon

Hierfür lernen wir ein weiteres Weingut kennen. Leeuwin Estates, das letzte im Bunde des Gründungs-Quintetts. Seine Eigentümer waren weder Ärzte noch hatten sie selbst Winzer-Know-how. Aber sie hatten Glück. Denis Horgan war Banker im nahegelegenen Perth und kaufte 1960 ein Grundstück in Margaret River. Einfach, weil er die Gegend zum Surfen so reizvoll fand. 1972 erhielt er einen ungewöhnlichen Anruf. Ein Anwalt aus Seattle wollte wissen, ob er sein Grundstück kaufen könne. Verwundert recherchierte Denis, wer sich aus den Vereinigten Staaten für sein Areal interessierte. Dahinter verbarg sich kein geringerer als Robert Mondavi, Weinbau-Visionär aus dem Napa Valley

Da Mondavi interessiert war, verhandelte Denis knallhart. Statt zu kaufen, beriet Mondavi fortan Denis und seine Frau Tricia als eine Art Mentor. 1975 bepflanzten die Horgans den ersten Weinberg mit dem Chardonnay-Klon Gingin. Dieser hat kleinere Beeren als andere Klone und entwickelt eine herrlich konzentrierte Aromatik von Steinobst und tropischen Früchten. Hinzu kommt eine natürlich hohe Weinsäure. Das Ergebnis war ein komplexes und elegantes Gewächs, das Verkoster ans Burgund denken ließ. 1982 kürte das britische Weinmagazin Decanter einen Leeuwin-Chardonnay zum weltbesten Exemplar.

Dann ging es Schlag auf Schlag. Nicht nur Weißweine gerieten in Margaret River exzellent. Auch die Rotweine machten schnell von sich reden. Winzer David Hohnen von Cape Mentelle verfolgte beständig seinen Traum von einem einzigartigen australischen Cabernet Sauvignon. Genau das gelang ihm 1982. Denn da gewann der einjährige Cabernet Sauvignon die Jimmy Watson Memorial Trophy. Das Geheimnis des Erfolgs lag in den dichten Beeren-Aromen, einem vollem Tannin-Abgang und dem Lagerpotenzial von zwei Dekaden. Auch der folgende Jahrgang geriet außergewöhnlich: Er räumte die begehrteste Wein-Trophäe des Kontinents erneut ab. Keine zwei Jahrzehnte hatte es also gedauert, Margaret River international in der Weinwelt zu verorten. Stellt sich die Frage, ob die Weine auch weiterhin das hohe Niveau halten konnten.

Rotwein wird aus einer Weinflasche in ein Weinglas eingegossen

Margaret River: Weltklasse bis heute

Kurze Antwort: Ja, das können sie! Lange Antwort: Der Ruhm bedeutete für keines der Weingüter, dass es sich auf den Lorbeeren ausruhte. Margaret River ist weiterhin eine dynamische Region, die Jahr für Jahr mit Topweinen verblüfft. Aus dem Ursprungs-Quintett sind heute mehr als 200 Weingüter geworden. Etwa 5.800 Hektar sind mittlerweile unter Reben, die mit höchster Sorgfalt behandelt werden. Eindrucksvoll illustriert das die Langton-Klassifikation - das australische Gegenstück zur Bordeaux-Klassifikation. Sie listet die besten Weine Australiens auf. Aufgenommen werden die berühmtesten Gewächse und die, die auf Auktionen die höchsten Preise erzielen.

Natürlich ist Margaret River dort vertreten. Sogar ziemlich oft: In der aktuellen Version von 2018 belegt Margaret River 15 der insgesamt 136 Plätze. Damit entfallen elf Prozent auf die kleine und junge Weinregion! Das ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass gerade die Pioniere zu Beginn wenig Wein-Expertise hatten. Und, dass ein Wissenschaftler das Terroir eigentlich für ungeeignet hielt. Gut für uns Weingenießer, dass es innovative Menschen gab wie die fünf Gründer. Genau die sind in der Langton-Klassifikation zu finden. Gemeinsam mit weiteren Weingütern aus der Region, die zeigen, dass das Terroir in Margaret River außerordentlich gut für Spitzengewächse geeignet ist. Wenn Sie also australischen Premium-Wein entdecken möchten, werden Sie in Margaret River auf jeden Fall fündig!

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