Als die beiden New Yorker Brüder James und Harry Mariani 1978 auszogen, um ein Weingut in der Heimat ihrer Vorfahren zu gründen, kleckerten sie nicht, sondern klotzen direkt ran. In der Nähe des toskanischen Vorzeige-Örtchens Montalcino ließen sie ein Schloss aus dem 9. Jahrhundert liebevoll renovieren - und kauften dazu noch sage und schreibe knapp 3.000 Hektar Land. Ihr ambitioniertes (manche mögen sagen größenwahnsinniges) Ziel: den besten Rotwein Italiens zu machen. Dafür heuerten sie den Önologen Ezio Rivella an, der damals schon zu den bekanntesten Persönlichkeiten des italienischen Weinbaus gehörte. Dieser bestockte 850 Hektar des neuen Weinguts mit Reben. Es war die Geburtsstunde des Castello Banfi.
Eines wird bei diesem Vorgehen klar: Hinter den Mariani-Brüdern steckte schon damals eine Menge Geld. Und zwar Geld, das Vater Giovanni Mariani seit 1919 mit seinem Wein-Import in New York City verdiente. Allen voran mit dem Einführen von Lambrusco. Auch dieses Geschäft hieß irgendwann Banfi - benannt nach Giovannis Tante Teodolinda Banfi, die als erste kirchliche Laiin überhaupt einem päpstlichen Haushalt vorstehen durfte. Nämlich dem von Papst Pius XI., dessen Haushälterin sie schon vor seiner Wahl zum Papst im Jahr 1922 war. Tante Teolinda sollte fortan das große Leitbild der Mariani-Familie in den Vereinigten Staaten sein. Ihr Erfolg lehrte, dass man alles erreichen kann, wenn man sich nur genug Mühe gibt.
Castello Banfi und das Toskana-Terroir
Genau von diesem Spirit ließen sich die Mariani-Brüder letztlich leiten, als sie in der Toskana Castello Banfi gründeten. Nämlich nur das Beste von sich zu verlangen und alles dafür zu tun, um Träume in Erfüllung gehen zu lassen. Nun kann man sich von Geld viel kaufen, Leidenschaft und Perfektionsdrang gehören allerdings nicht dazu. Beides brachten die beiden Brüder aber im Überfluss mit, als sie zusammen mit dem Önologen Ezio Rivella voller Tatendrang ans Werk gingen.
Unter ihrer Ägide schloss sich das Castello Banfi mit Forschern verschiedener Universitäten zusammen, um die Böden rund um Montalcino zu ergründen. Diese Terroir-Studien dienten dazu, das Beste aus dem Kalkstein und Tonboden mit seiner Kiesauflage herauszuholen. Die Folge: jede Lage des Castellos wurde einzeln betrachtet, individuell bepflanzt und separat vinifiziert. Mit dieser Akribie war das Weingut absoluter Vorreiter. 1978 wuchsen zwischen Olivenhainen und Zypressen auf 170 Hektar Sangiovese-Trauben für den berühmten Brunello di Montalcino. Obwohl dieser in den 1980er-Jahren viel von seinem Glanz verloren hatte. Wie überall in der Toskana sanken auch beim Brunello die Qualitäten, seitdem die großen Winzer-Familien in den 1960er-Jahren ihre Heimat in Scharen verließen und ihr Glück in anderen Ländern versuchten. Diese Brunello-Abwärtsspirale wurde dank Castello Banfi gestoppt.
Sangiovese-Forschung in Montalcino
Denn nach den Terroir-Studien folgte die Sangiovese-Forschung. Für diese wurde sogar extra ein eigenes Labor im Castello Banfi eingerichtet. Renommierte Wissenschaftler reisten dafür in die Toskana und züchteten beeindruckende 650 unterschiedliche Sangiovese-Klone. Von denen wurden 180 angepflanzt. Und streng beobachtet. Nachdem man das Terroir wie die eigene Westentasche kannte, sollte jetzt herausgefunden werden, welcher Klon wo am besten gedeiht. Für den bestmöglichsten Brunello, den man in Montalcino je gesehen hatte. Von den 180 angepflanzten Sangiovese-Klonen wurden letztlich 15 ausgesucht. Und von diesen wiederum setzten sich drei dauerhaft durch. Wer es noch genauer wissen möchte: es waren die Klone JANUS 50, JANUS 10 und BF 30. Andere Sangiovese-Reben werden seit 1990 nicht angepflanzt.
Nun könnte man denken, dass sich die Marianis mit ihrem Geld, das sie in diese Forschungen pumpten, einen ordentlichen Vorteil verschafft haben. Das ist allerdings nicht der Fall. Denn in der Familie versteht es sich bis heute von selbst, der Gemeinschaft etwas zurückzugeben. Deswegen teilte das Castello Banfi seine Erkenntnis sowie die Sangiovese-Klone mit benachbarten Winzer. Dadurch wurde die komplette Brunello-Region gestärkt. Die Qualitäten stiegen wieder, alle profitierten von der Forschung.
Castello Banfi auf Expansionskurs
Bei einem derartigen Drang nach Perfektion war es nur eine Frage der Zeit, bis man sich beim Castello Banfi dem nächsten Projekt widmete. Um eben noch perfekter zu werden. Als der Önologe Ezio Rivella im Jahr 2000 in wohlverdiente Rente ging und sein Schweizer Kollege Rudy Buratti übernahm, begannen akribische Holz-Analysen. Denn Brunello wird ja bekanntlich in Holz ausgebaut. Aber welches davon ist das Beste?
Parallel zu dieser Forschung expandierte das Castello Banfi. Es erwarb zusätzliche Rebflächen in den toskanischen Subregionen Chianti und Bolgheri und kaufte sogar noch etwas Land im Piemont. Neben dem Brunello bereichern seitdem diverse Chianti und Supertuscans das Portfolio.
Gekrönt wurde das Streben nach Makellosigkeit dann noch von einem Weinkeller, der seinesgleichen sucht. Der sogenannte "Horizon" vereint seit 2007 die Traditionen der Toskana mit modernster Technik. Denn vom Anliefern der Trauben, über die Fermentierung bis hin zum Ausbau in den unterschiedlichen Holzfässern verläuft hier jetzt alles computergesteuert. Nichts wird mehr dem Zufall überlassen. Und trotzdem: wenn man als Besucher zwischen den frei zugänglichen 7.000 Holzfässern wandert, kann man die Leidenschaft, die im Castello Banfi wie ein Olympisches Feuer ewig zu brennen scheint, förmlich spüren.
Für soziales und ethisches Engagement ausgezeichnet
Genau diese Passion treibt übrigens auch die Mitarbeiter an. Alle ziehen hier an einem Strang, sind durchwirkt von der Vision des Mariani-Clans, der inzwischen in dritter Generation tätig ist. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Arbeitsbedingungen ideal sind. Schließlich ist das Castello Banfi das weltweit erste Weingut, das für sein soziales und ethisches Engagement ausgezeichnet wurde und sogar ISO-zertifiziert ist. Ein ähnliches Zertifikat gibt es dann auch für den Umgang mit der Umwelt. Castello Banfi ist nämlich eines der wenigen Weingüter dieser Welt, das aufgrund des technischen Einsatzes beinahe klimaneutral produziert.
Um diesen Status zu erreichen, wurde auf viele Details geachtet. Ob nun Holzfässer aus der eigenen schonenden Produktion oder die Verwendung von Leichtflaschen, die bei fast jedem Wein zum Einsatz kommen. Ausgenommen sind da nur die Prestige-Weine, die ein enormes Lagerpotenzial haben und dementsprechend noch in schwere Glasflaschen gefüllt werden. Von dem möglichst geringen Einsatz von Schwefel wollen wir erst gar nicht anfangen!
Die Zukunft sieht französisch aus
All diese Dinge haben das Castello Banfi mit seinen unterschiedlichen Weinen (neben den legendären Brunelli und den verschiedenen Chianti und Suptertuscans gehören auch phantastische Weißweine wie Pinot Grigio und verschiedene Schaumweine zum Portfolio) an die Qualitäts-Spitze der Toskana gebracht. Die konsequent hohen Bewertungen bei Robert Parker’s Wine Advocate, James Suckling und Co. sind da nur einer von vielen, vielen Beweisen.
Cristina Mariani-May, die das Familienweingut inzwischen in dritter Generation führt, bereitet derweil den nächsten Coup vor. Denn was Ende 2019 als Gerücht in der Weinbranche begann, ist inzwischen offiziell bestätigt: Der Mariani-Clan steht in Verhandlungen mit LVHM (Moët Hennessy - Louis Vuitton), der das Castello Banfi kaufen möchte. Fremd ist dem französischen Luxuskonzern die Weinwelt nicht. Denn neben Champagner-Marken wie Moët, Dom Pérignon und Krug gehört dem Unternehmen auch das legendäre neuseeländische Weingut Cloudy Bay. 2020 wird also ein spannendes Jahr für die Mariani-Familie und ihr Castello Banfi. Wir halten Sie auf dem Laufenden! Und bis wir Neuigkeiten haben, genießen Sie doch einfach eine Flasche Brunello von Banfi!