Die Geschichte des Weinguts Josef Milz muss man eigentlich von zwei Richtungen aus erzählen. Wie das Traditionshaus von der Mosel und ein ehemaliger Basketball-Trainer und angehender Jurist aus Hannover zueinander fanden, das ist eine Geschichte, wie sie nur das Leben schreiben kann. Los geht es an der Mosel.
Im ebenso beschaulichen wie berühmten Trittenheim liegt das Weingut Josef Milz. Hier, wo in der Hochsaison busseweise Touristen anhalten, um den Blick auf die berühmte Moselschleife zu genießen, betreibt die Familie Milz seit 500 Jahren Weinbau. Der Laurentiushof, das ursprüngliche Guts- und Stammhaus, liegt mitten im Ort und wurde im Kern im alten Stil erhalten. Lediglich die Technik im Keller modernisierte man stetig. Ein halbes Jahrhundert hat man sich hier dem Moselwein verschrieben. Und das bedeutet natürlich in erster Linie Riesling. Über 90 Prozent des Portfolios sind der deutschen Königsrebe gewidmet, wobei ein Großteil der Weinstöcke über 35 Jahre alt ist. Perfekte Voraussetzungen für substanzreiche, konzentrierte Mosel-Rieslinge. Ein klein wenig Weiß- und Grauburgunder ergänzen den Rebsortenspiegel.
Josef Milz: Die besten Lagen an der Mosel
Besonders stolz ist Markus Milz, der das Weingut seiner Familien aktuell leitet, auf die Großen Lagen an der Mosel, die teilweise im Alleinbesitz sind. Im Leiterchen und im Felsenkopf wachsen ausschließlich Reben der Familie Milz. Und wer einmal am Fuße des Leiterchens steht, das Teil der berühmten Trittenheimer Apotheke ist, der kann sich vorstellen, welch ein manueller Aufwand nötig ist, um den steilen Terrassen mit ihren Schieferverwitterungsböden Wein abzuringen. An den steilsten Stellen sprechen wir hier immerhin von einer Hangneigung von 75 Prozent! Den Namen Leiterchen verdankt die Große Lage den Leitern, die noch heute im Boden vergraben sind und früher die Terrassen miteinander verbanden.
Auch der Felsenkopf ist eine Monopollage von Josef Milz. Die Lage befindet sich seit 300 Jahren im Alleinbesitz der Familie. Der felsige Untergrund zwingt die Reben dazu, in die Tiefe zu wurzeln. Bis zu 16 Meter! Trockene Sommer können den Stöcken hier also nichts anhaben, denn in der Tiefe des Felsenkopfes finden sie alles, was sie brauchen. Im Vergleich zu den Weinen aus dem Leiterchen, die mit Filigranität und Eleganz auftrumpfen, präsentieren sich die Weine aus dem Felsenkopf opulenter und mit mehr Kraft.
Fassen wir also zusammen: Das Weingut Josef Milz hat eigentlich alles, was es braucht. Tradition ohne Ende, Reben in den besten Lagen der Mosel, einen perfekt ausgestatteten Keller und als Gründungsmitglied des VDP (Verband Deutscher Prädikatsweingüter) genießt es außerdem einen sehr guten Ruf. Und doch fehlt etwas! Nämlich Nachfolger, die die erfolgreiche Familiengeschichte fortführen möchten. Was uns zum zweiten Teil der Geschichte von Josef Milz bringt. Und die führt uns nach Hannover - nicht gerade ein Hot Spot der deutschen Weinwelt.
Eine schicksalshafte Suche nach dem Nebenjob
In Hannover lebte Sebastian Schmidtke. Und zwar zunächst ein Leben, das so gar keinen Bezug zum Thema Wein hat. Der frühere Basketballer und Trainer der SG 05 Ronnenberg begann Anfang der 2000er-Jahre Jura zu studieren. Daraus ergab sich das typische Problem: das Geld war knapp, die Freude am Studentenleben dafür umso größer. Es musste also ein Nebenjob her. Einigermaßen leidenschaftslos ging die Suche los. Unter den Angeboten, die Sebastian Schmidtke damals fand, war auch dasjenige eines Weinladens. Nicht unbedingt seine erste Wahl. Nachdem er von allen anderen Stellen Absagen kassiert hatte, rief er eben doch noch in der Filiale in Bemerode an.
Tatsächlich folgte daraus eine Einladung zum Vorstellungsgespräch und schlussendlich auch der gesuchte Nebenjob. "Dort anzufangen war im Nachhinein eine der besten Entscheidungen in meinem Leben", resümiert Schmidtke heute. Denn was zunächst eine reine Notwendigkeit war, wurde schon bald zur Passion. Er hatte Blut geleckt. Oder besser: Wein probiert. Und zwar ausführlich und mit einem riesigen (Wissens-)durst. Das Jura-Studium brach er nach dem ersten Staatsexamen ab. Seine beruflichen Ambitionen hatten sich geändert. Irgendwann fragte ihn seine Frau, was er denn nun eigentlich machen wolle. Und da sprach er es zum ersten Mal aus: "Eigentlich möchte ich gerne ein Weingut haben." In Hannover nicht unbedingt das Small-Talk-Thema mit der höchsten Anschlussfähigkeit.
Ein handgeschriebener Bewerbungsbrief und viel Geduld
Doch Sebastian Schmidtke verfolgte seinen Plan und begann damit, die deutschen Anbaugebiete zu bereisen. Die Mosel hatte er dabei zunächst gar nicht auf dem Schirm, eigentlich hatte es ihm viel eher die Pfalz angetan. Als er jedoch im Jahr 2016 zufällig Josef Milz auf einer Weinveranstaltung kennenlernte, merkte er schnell: Hier stimmt die Chemie! Er bewarb sich bei der Familie Milz - und zwar mit einem handgeschriebenen Brief. Ebenfalls ein ungewöhnlicher Weg, der jedoch fruchtete. Wenngleich erst ein wenig Zeit ins Land ging.
Denn bis eine Antwort aus Trittenheim kam, gingen mehrere Monate ins Land. Josef Milz brauchte zwar Unterstützung und langfristig auch einen Nachfolger. Aber war der Quereinsteiger aus Hannover dafür wirklich der Richtige? Schmidtke selbst war davon felsenfest überzeugt und wollte das auch seinem künftigen Geschäftspartner unbedingt beweisen. Fast ein Jahr arbeitete er nahezu unentgeltlich für Josef Milz, pendelte zwischen Hannover und der Mosel, um seinen beiden Welten gerecht zu werden. So viel Einsatz überzeugte schließlich! Seit Januar 2018 ist er Geschäftsführer bei Josef Milz.
Eine neue Ära bei Josef Milz
Seitdem hat Sebastian Schmidtke mit dem freien Geist eines Quereinsteigers so einiges auf den Kopf gestellt. Die Tradition bei Josef Milz ehrt er mit Leidenschaft, hat aber sowohl die Ausstattung der Weine als auch das Marketing modernisiert. Und auch die produzierte Flaschenanzahl ging deutlich nach oben. Im Jahr 2021 werden viermal so viele Flaschen das Gut verlassen wie noch im Jahr 2018. Eine überaus erfreuliche Nachricht für alle Mosel-Liebhaber. Die Großen Gewächse aus den VDP-Lagen zeigen weiterhin die typische Stilistik der Region, werden aber um innovative Projekte ergänzt.
Mit der Magna-Charta-Linie füllt Josef Milz eine limitierte Edition Großer Gewächse ab. Riesling und Weißburgunder aus der Trittenheimer Apotheke werden hierfür zum Teil im Barrique ausgebaut. Die cremige Textur und der voluminöse Körper sind eher ungewöhnlich für die Mosel. Aber eben auch ungewöhnlich gut. Nur wenige Flaschen werden abgefüllt, ein Großteil geht an Sommeliers der gehobenen Gastronomie. Sollten Sie eines dieser Gewächse auf einer Weinkarte finden und die Gelegenheit haben, sie zu verkosten, dann lernen Sie die Mosel damit von einer ganz neuen Seite kennen. Wir sind gespannt, was Sebastian Schmidtke sich für die Zukunft noch einfallen lässt. Sicher ist nur: Wir werden Josef Milz weiter im Auge behalten.
© Titelbild: Weingut Josef Milz
1 Anwort auf „Josef Milz: Ein Mosel-Weingut erfindet sich neu“
[…] große Bedeutung. Hier schlossen sich im Jahr 2015 vierzehn Winzer (unter ihnen zum Beispiel das Weingut Josef Milz) zur "Weiße Burgunder Charta" zusammen, um die Weinqualität der Rebsorte auf das nächste Level […]