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Scheurebe: Moderne Weißweintraube mit Charme

Deutschlands ureigene Rebsorte Scheurebe überzeugt mit Noten von Cassis und Muskatnuss – ziemlich außergewöhnlich für einen Weißwein! Die Traube wird weltweit nur auf relativ wenigen Hektar angebaut, gewinnt aber immer mehr an Popularität.

Ist sie einfach nur die kleine deutsche Schwester der weißen Sauvignon Blanc? Oder doch eher eine gewaltige Konkurrenz zu Riesling? Der Scheurebe hat man schon viel nachgesagt. Dabei hat die Rebsorte solche Vergleiche gar nicht nötig. Zumal diese auch nur bedingt zutreffen. Die Aromatik von Sauvignon Blanc ist zum Beispiel eine ganz andere als bei der Scheurebe. Riesling indes hat viel mehr Weinsäure. Wobei die Weinsäure in der Scheurebe durchaus präsent ist. Das unterscheidet sie dann auch von der blumig-duftigen Rebsorte Muskateller. Je mehr man versucht, die Scheurebe mit anderen Trauben zu vergleichen, desto mehr unterstreicht man eigentlich nur ihre Einzigartigkeit. Und trotzdem wird die Rebsorte nach wie vor gerne mal unterschätzt. Höchste Zeit, sie endlich mal ins Rampenlicht zu rücken!

Ein Glas mit Weißwein auf einem Tisch mit weißer Tischdecke und einem Schattenspiel

Eine kurze Geschichte der Scheurebe

Die Scheurebe wurde im Jahr 1916 von Dr. Georg Scheu, dem damaligen Direktor des Weinbauinstituts Alzey, gezüchtet. Womit auch direkt klar ist, dass der Name nichts mit Schüchternheit oder so zu tun hat, sondern dass er sich vom Schöpfer der Traube ableitet. Scheu wollte mit ihr eine noch bessere Version der weißen Silvaner erschaffen. Und weil er die weinsäurebetonte Riesling nicht mochte, wollte er eine Varietät, die in dieser Hinsicht sanfter war. Scheu war im Grunde seines Herzens immer Winzer geblieben. Er verfügte also über das Handwerkszeug, eine Traube zu züchten, die genau seinem Gaumen entsprach. Er war aber auch ein künstlerischer Freigeist, der gerne tanzte und malte. So ist es nicht verwunderlich, dass er seine kreative Ader auf den Wein übertragen wollte. Er ahnte nicht, dass es eine Traube sein würde, die über Generationen hinweg geliebt werden würde.

Anfangs galt die Scheurebe als Kreuzung aus Silvaner und Riesling. Scheu dokumentierte seine Zuchtversuche eigentlich recht gewissenhaft. Aber irgendwo auf dem Weg, als er verschiedene Klone testete, kam es zu einer Verwechslung. Im Jahr 1990 stellte sich heraus, dass die Scheurebe in Wirklichkeit eine Kreuzung aus Riesling und der wenig bekannten Bukettraube ist, was ihre kräftigen blumigen Noten erklärt. Die Bukettraube wiederum ist eine Kreuzung zwischen Silvaner und Trollinger. Aber das nur am Rande. Sie sehen: die Scheurebe ist wahrlich nicht so alt und traditionsreich wie so manch andere Rebsorte. Und trotzdem hat sie eine treue Anhängerschaft, die seit Jahrzehnten stetig wächst. Nicht nur unter den Weinliebhabern, sondern auch unter den Winzern.

Weingarten mit Scheurebe-Rebstöcken
Hat eine treue Anhängerschaft: Scheurebe.

Ein Wein für Insider 

Wer als Winzer Scheurebe anbaut, kann auf eine große Bandbreite an Stilen zurückgreifen. Trocken ausgebaut liegt die Rebsorte seit ein paar Jahren im Trend. Ob nun als animierender Sommerwein, als Aperitif vor einem mehrgängigen Menü oder aber als Begleitung von pikanten asiatischen und Curry-Gerichten - eine trockene Scheurebe passt zu vielem. Aber auch als Prädikatswein macht die Traube eine hervorragende Figur. Vor allem als süße Beerenauslese.

Obwohl die Scheurebe ursprünglich für ein kräftiges Wachstum auf den sandigen Böden Rheinhessens geschaffen wurde, wird sie inzwischen vor allem in der Pfalz angebaut, wo sie mehr Kräuternoten wie Minze und eine kalkigere Textur aufweist. Insgesamt sind in Deutschland 1.417 Hektar mit Scheurebe bepflanzt, das sind aber nur 1,4 Prozent der gesamten deutschen Rebfläche. Auch in Österreich gibt es einige Scheurebe-Pflanzungen. Hier heißt die Rebsorte allerdings Sämling 88, weil vorwiegend der 88. Klon von Scheu angebaut wird. Besonders gute österreichische Scheurebe-Qualitäten weist die Steiermark auf. Hier entwickelt die Traube nämlich noch zusätzlich Noten von tropischen Früchten.

Sommelier prüft im Weinkeller einen Weißwein sensorisch
Es lohnt sich, die unterschiedlichen Scheurebe-Stilistiken im Glas zu erkunden.

Scheurebe versus Riesling

Während der Reifeperiode nimmt der Weinsäuregehalt bei der Scheurebe erst relativ spät ab. Wie Riesling ist sie so in der Lage, ihre Frische zu bewahren und trotzdem enorm auszureifen. Beide Trauben gehören zu den hocharomatischen Rebsorten und spiegeln in der Regel das Terroir, auf dem sie gedeihen, wider. Mal ganz davon abgesehen, dass Weine aus ihnen jeweils über eine erstaunlich große Lagerfähigkeit verfügen. Sie sehen: die Vergleiche reißen nicht ab.

Doch trotz aller Ähnlichkeiten mit Riesling ist die Scheurebe insofern einzigartig, als dass sie nicht ganz die gleiche Bodenbeschaffenheit benötigt. Um die beste Riesling-Qualität zu erzeugen, sollte die Traube in erstklassigen Lagen angebaut werden. Die Scheurebe hingegen kann auch auf Lagen gedeihen, die einfach nur "gut" sind. Und trotzdem entstehen daraus großartige Weine. Werfen wir also mal einen genaueren Blick darauf, welche Ansprüche die Rebsorte im Anbau stellt.

Die Scheurebe ist frost- und kälteresistent und darf, um voll auszureifen, oft bis mindestens Oktober am Stock bleiben. Die Rebsorte kommt mit Trockenheit gut zurecht und gedeiht besonders gut auf Löss- und Kalkböden. Feuchtigkeit mag sie allerdings nur bedingt. Kein Wunder! Denn sie ist anfällig für die Edelfäule Botrytis. Was natürlich aber auch ein Vorteil sein kann, wenn man aus ihr eine Trockenbeerenauslese bereiten möchte.

Blick auf Rebflächen aus der Vogelperspektive, in der Mitte steht ein Baum
Löss- und Kalkböden mag die Scheurebe besonders gern.

Scheurebe rund um die Welt

Als quasi ur-deutsche Traube ist die Scheurebe flächenmäßig hier auch am stärksten vertreten. Sage und schreibe 65 Prozent aller Pflanzungen befinden sich in Deutschland. Mit 33 Prozent folgt Österreich. Zudem kann man noch kleine Mengen in den Vereinigten Staaten (zwei Prozent) und in der Schweiz (ein Prozent) finden. International spielt sie also kaum eine Rolle und wird eher nur dann entkorkt, wenn es im Glas abseits der bekannten Genusspfade zugehen soll. Hierzulande hat sie sich allerdings als Wein zum Glück schon längst etabliert. 

In den späten 1950er- und frühen 1960er-Jahren wurde die Scheurebe in Deutschland vor allem für Trockenbeerenauslesen und Beerenauslesen verwendet. Inzwischen hat sich allerdings der trockene Stil durchgesetzt. Auch wird sie größtenteils sortenrein ausgebaut. Kein Wunder, denn eine begleitende Traube hätte es dank der ebenso feinen wie intensiven Aromatik an ihrer Seite doch durchaus schwer. Was uns zum typischen Geschmacksbild der Scheurebe bringt.

Weinglas mit Scheurebe auf einem Pfahl mit Blick auf einen Weingarten und einer Kirche im Hintergrund
In Deutschland erfreut sich die Scheurebe einer immer größer werdenden Beliebtheit.

Herrlich fruchtig und abwechslungsreich

Hat man Scheurebe im Glas, ist eine aufregende Genussachterbahnfahrt quasi garantiert. In der Nase finden sich oft exotische Fruchtnoten wie Mango und Litschi, aber auch Trauben oder saftige, reife Birnen. Unter idealen Bedingungen, wenn sowohl der Boden als auch das Klima erstklassig sind, kann man am Gaumen Noten von Cassis und Zitrusfrüchten wie Grapefruit und Limette erkennen. Und wenn Sie eine süße Scheurebe probieren, dann finden Sie vielleicht auch Noten von Rose und Pfirsich.

Das ist ebenso vielfältig wie delikat. Und alles mit ein Grund, warum die Scheurebe seit ein paar Jahren tatsächlich zu einem Trendsetter avanciert ist. Vor allem im Sommer ist sie quasi in aller Munde. Und immer mehr Genießer wissen ihre Vorteile als Speisenbegleitung zu schätzen. Dabei ist sie aber alles andere als beliebig. Schließlich spricht sie ja aufs Terroir an. Probieren Sie doch einmal eine Scheurebe aus der Pfalz neben einem Gewächs aus Rheinhessen - oder vergleichen Sie sie mit Sämling 88 aus Österreich. Die Unterschiede sind ebenso spannend wie köstlich!

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